6. Gerichtstermine, Katastrophen und ein Wiedersehen
     Jahr 2003


Weihnachten und den Geburtstag 2002 verbrachte ich in Bautzen. Nicht die ganze Zeit, einen Tag bin ich auch bei meiner Cousine in Königs Wusterhausen gewesen. Es ist natürlich seit dem Tod meines Vaters einiges an Gemütlichkeit auf der Strecke geblieben. Jeder hat nun seine Probleme mit sich zu tragen, meine Mutter den Tod ihres Mannes, immerhin waren sie über 50 Jahre verheiratet, ich meine Krankheit und zu allem Überfluss starb am 27. Dezember noch meine Berliner Zwillingstante, an den Folgen ihrer Krebserkrankung. Auch sie stand mir sehr nahe und hat mir trotz ihrer eigenen Probleme in den letzten Jahren, immer Mut zugesprochen.
Schade, aber es ist ein ungeschriebenes Gesetz, die Zusammenkünfte werden immer trauriger, je älter man selbst wird. So ist aber nun das Leben.
Zurück zu Weihnachten, wenn ich einmal keine Probleme mehr habe werde ich paar schöne Geschichten über meine Kindheit unter dem Motto, kein Geld und trotzdem zufrieden und glücklich, schreiben. Kennt man so etwas in der heutigen Gesellschaft noch, wo nur noch finanzielle Werte zählen. Darüber lohnt es sich bestimmt nachzudenken !
Weihnachten in Bautzen ist sehr abwechslungsreich, es gibt eine Regel, jeder wird besucht. Da sind wir zum Heiligenabend bei meiner jüngeren Schwester Sonja, aber auch manches Mal bei der älteren Schwester Evelyn. Dann sind wir zum 1. Feiertag mal da, mal dort und am 2. Weihnachtsfeiertag sind wir, Mutter und ich ›zu Hause‹ in Auritz, aber was mir immer wieder aufgefallen ist, es ist ein harmonisches Fest.
Ich habe diese Besinnlichkeit in den letzten Jahren, besonders seit der Ehe mit der zukünftigen Ex – Frau immer wieder vermisst, ja warum kann ich eigentlich gar nicht so richtig sagen. Ich glaube sie hatte einfach keinen Zugang, zum Vorweihnachtlichen, es kam diese Stimmung, die ich kenne nicht auf. Vielleicht lag es auch daran, dass sie aus Thüringen und ich aus Sachsen kamen. Ich habe diese Weihnachtszeit immer gemocht, war auch mehrmals, in der Vorweihnachtszeit, im Erzgebirge in Urlaub. Ich war ja nicht ungeschickt und habe früher selbst Schwibbogen und Laternen aus Sperrholz gesägt. Einiges wird jedes Weihnachten wieder hervorgeholt. Die Lichter, der Geruch, das war für mich Weihnachten. Ich glaube zu Weihnachten gehört Charakter und ob sie den hatte, ich weiß es nicht.

Es trug sich irgendwann im Dezember des Jahres 1980 zu, ich war mit meiner damaligen Frau, meiner Tochter und einer befreundeten Familie in Urlaub. Der Urlaubsort Oberwiesenthal, damals noch mit viel Schnee. Highlights die Fichtelbergbahn, der Grog auf dem Fichtelberg, die Bratwurstbude am Eingang der Bahn und natürlich das Skifahren. Da wir in der Vorweihnachtszeit dort waren, drehte sich vieles um Räuchermänner und Nussknacker. Es war sehr schwierig solche Artikel im Laden zu kaufen. Da wir in der Region waren musste doch etwas gehen. Mein Kumpel und ich fuhren in ein kleines erzgebirgische Dorf, den Namen weiß ich nicht mehr. Wir suchten einen Drechsler, die gab es dort zur Genüge, aber sie durften ihre ›Kunstwerke‹ nicht privat verkaufen. Wir fanden einen Herrn Mandel, der Name war uns schon sympathisch. Er zeigte uns seine Werkstatt, alte Maschinen und kalt. Wir wollten nicht ohne Nussknacker zurück fahren. Er schilderte seine Lage und meinte aber in drei Tagen sollten wir doch noch einmal vorbei kommen. Wir fuhren noch einmal hin und er hatte zwei Nussknacker standen bereit, ca. 40 cm hoch und lackiert, schöne Exemplare. Er lud uns in seine Wohnung ein, der Preis je Knacker war 40 Mark. Als ich in die Wohnung kam, stockte mir der Atem. Eine Familie, in einem Raum mit Kachelofen in äußerst ärmlicher Situation. Ich sah nur viele Kinder, mir zeriss es bald das Herz, so etwas habe ich bisher nicht gesehen. Der Mann stellt Exporte her, die ins westliche Ausland gehen sind und lebt in solchen ärmlichen Verhältnissen. Wir gaben ihm jeder 60 Mark und verabschiedeten uns dankend. Diese Bild hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt.

So verschieden meine beiden Schwestern auch sind, so unterschiedlich ist auch das Essen zu Weihnachten, aber nicht im negativen Sinne. Bei meiner jüngeren Schwester, mit ihren Kindern , dem Eisenbahner in München, dem Seemann auf der Gorch Fock und dem Hotelmanager in Frankfurt/Main, gab es am Heiligenabend, Kartoffelsalat mit Zutaten oder am 1. Feiertag Kaninchen und Ente, bei meiner älteren Schwester bzw. Schwager wurde mittags Lende serviert, weil sie Hasenliebhaber. Auch hier sind die Kinder mit dabei, meine Nichte die Europasekretärin und mein Neffe, der Operator bei der Bahn. Meine Tante aus Bautzen spart auch keine Festlichkeit aus, wird immer eingeladen, auch sie hat mich nicht unwesentlich zur Aufrechterhaltung meiner Lebensbedingungen unterstützt.
Den 2. Feiertag habe ich mit Mutter, in besinnlicher Atmosphäre verbracht, wir konnten uns auch schon wieder über vergangene Weihnachten unterhalten.
Nein, Doppelkopf wird zu Weihnachten eigentlich nicht gespielt, obwohl meinen spielbesessenen Schwestern, das schon zuzutrauen wäre, ich bin für meinen verstorbenen Vater nachgerückt. Es wird auch um Geld gespielt, das aber beim gemeinsamen Essen wieder ausgegeben wird. Nach meinem Geburtstag bin ich nach Berlin zurück gefahren, denn ich war jetzt wieder gut in der Lage Silvester mit mir alleine zu feiern! Klingt gut.
Zum Geburtstag, haben sich meine Schwestern ein sehr schönes Geschenk einfallen lassen. Ich wurde und alle die z.Zt. in Bautzen anwesend waren zum Abendbrot eingeladen und die Rechnung ging auf ihre Kosten.
Das sind solche Kleinigkeiten, die mir eindeutig sagen, die Familie steht hinter mir, ich gehöre dazu, das richtet auf, das braucht man in solchen schwierigen Situationen. Also wieder ›Henry im Glück‹ .
Zu Hause angekommen habe ich feststellen müssen, dass ein Zebrafink tot im Käfig lag. Ich nehme an, er ist in der Nacht von einem Knallkörper oder Sylvesterrakete aufgeschreckt worden und hat sich zu Tode geflogen.
Ich erwartete eigentlich noch einen Brief von meiner zukünftigen Ex – Schwägerin, sie und ihre Familie haben gemeinsam mit mir geheult, als sie von der Scheidung erfuhren und das waren auch solche ›Lobesliedsänger‹ , es sind übrigens nicht die einzigen Menschen von denen ich schwer enttäuscht bin. Soviel zur Kategorie Mensch und zu meinen ›Freunden‹ !
Nein, eine Feier hatte ich nicht vor zu Silvester, ich wollte vielleicht bei einem Glas Sekt und einer guten Pfeife ›nachdenken‹ und mir fiel eine Menge ein.
Es gab Fragen die ich mir stellte,
› – wird es das Jahr der Scheidung
› – wird die Gesundheit halten
› – wird das Sozialamt bzw. das Grundsicherungsamt weiter meine soziale Sicherung zahlen
› – die wichtigste Frage, werde ich in der Wohnung bleiben können
› – werde ich weiter an meiner Dokumentation schreiben können
› – werden sich Träume erfüllen ›......«
einige Antworten wird es wohl in 2003 geben.
Ich war zum Jahreswechsel nicht gerade unglücklich, im nächsten Jahr wollte ich Weihnachten in meiner Wohnung bleiben und zum 55. Geburtstag meine Familie bzw. Verwandtschaft einladen. Die Idee meine Mutter Weihnachten bei mir zu haben kam mir erst viel später, ob sie sich trotz ihrer Gartenarbeit frei machen konnte. Noch ist meine Mutter der Meinung, im Winter gibt es im Garten auch viel zu tun und deshalb kann sie nicht zu mir kommen. Dazu kommt noch der permanente Protest meiner Schwestern. Mal sehen!
Dann war es auch schon soweit, dass neue Jahr (2003) klopfte an. Ich habe die Silvesterraketen gesehen und freute mich kein Geld dafür ausgegeben zu haben, trotzdem, es sah schön aus. In meinem Haus war ich wohl der Einzige, der da war. Ich dachte an den Jahrtausendwechsel und meinen schönen Umsatz. Das wird es nicht, niemals wieder geben, eigentlich doch schade, mit 55 Jahren, aber es ist nicht zu ändern.
Im August, drei Jahre nach meiner Krebsoperation habe ich das Taxischild endgültig aus dem Kofferraum geholt und im Arbeitszimmer platziert. Es wird einen Ehrenplatz bekommen, obwohl zurückblickend, viel hat mir das Taxifahren nicht eingebracht, neben paar schönen Stunden, mehr Probleme, nämlich eine ruinierte Gesundheit und einen gescheitete Ehe. Über meine Zeit als Taxifahrer kann ich natürlich auch einige spannende Geschichten erzählen, aber nicht jetzt.
Schon seit einiger Zeit trug ich mich mit dem Gedanken, eine eigene Homepage zu entwickeln und ins Netz zu stellen. Ich suchte eine Möglichkeit an die Öffentlichkeit zu gehen, bloß wie. Ich brauchte erst einmal einen Provider, den ich mir leisten kann, eventuell brauche ich jemanden der mir meine Website erstellt, das kostet natürlich auch wieder Geld. Ich wollte mich auch nicht zu abhängig machen und letztlich war es einfach unerschwinglich. Deshalb beschloss ich meine Homepage selbst zu entwickeln und zu hosten. Ich brauchte aber für den Anfang paar Bücher, keine Ahnung von HTML, XHTML, JAVA, CSS und CO, na das kann ja was werden!
Von meiner Cousine aus Königs Wusterhausen habe ich mir fürs Erste paar Bücher geliehen, die ich mir selbst gar nicht leisten konnte, dann ging es los. Die Planung für die Homepage war im Kopf schon lange fertig, als Provider wählte ich STRATO aus, die Firma erschien mir am günstigsten. Bevor ich zum 75. Geburtstag von Mutter gefahren bin, stand meine Website im Netz. Es war nicht einfach, aber mit Fleiß und Konzentration erlernbar. Wichtig ist ein durchdachtes Konzept, ob es gut oder schlecht ist beurteilen sowieso andere, eine Menge Ausdauer und eine ständige Pflege ist ebenfalls notwendig. Ich war jedenfalls sehr stolz auf mich, das geschafft zu haben. Damit hat sich schon einmal mein Wunsch erfüllt, anderen Menschen meine Erfahrungen mitzuteilen und ihnen damit vielleicht auch zu helfen, ähnliche Situationen zu meistern. Erschwinglich ist es schon, ich muss mich nur mit der Internetnutzung einschränken, aber wenn ich daran denke, was eine Schachtel Zigaretten kostet, ist es die billigere und gesündere Alternative. Früher hätte ich so bestimmt nicht gedacht, um ehrlich zu sein!
Die Feier zum 75. Geburtstag meiner Mutter war sehr schön, ich hatte auch den Eindruck, trotz, dass sie nun alleine ist, kommt sie ganz gut klar. Im Winter, wenn keine Gartenarbeit anliegt ist es ihr zwar immer ›langweilig‹ , aber im Frühjahr, Sommer und Herbst ist sie gut drauf. So ist das eben, die einen haben den Computer und die anderen den Garten.
Jetzt habe ich meine Website und nun will ich Englisch lernen, warum ist ganz einfach erklärt. Durch das Internet und die Flugsimulation machte es sich notwendig, es ist mir ganz einfach ›lästig« , dass ich keine englischen Texte verstehe. Ich will später mal ›online‹ fliegen und bei meiner virtuellen Fluggesellschaft ›Colourair‹ bin ich für die Umsetzung des Flugplanes im MS Flugsimulator verantwortlich. Das geht nur mit Kenntnissen der englischen Sprache. Ich habe mir einen Englischlehrgang für Anfänger, von Vera F. Birkenbihl, die ja die Methode des gehirngerechten Lernens propagiert, besorgt. Sie war mir schon als Motivationstrainerin in einem anderen Zusammenhang bekannt. Zur Feier bei meiner Mutter tat ich meine Absichten kund, ich erntete nicht nur ungläubiges Stauen! Ehrlich gesagt, ich, der in der Schule der Russische Sprache gerade so gerecht wurde und über eine 4 nie hinausgekommen ist, will mich an Englisch wagen! Ein großer Brocken war das schon.
Gesundheitlich hatte ich mich eigentlich ganz gut im Griff, regelmäßig suchte ich natürlich meine Ärzte auf, einen Arzt der mit Morbus Bechterew vertraut war, fand ich bisher nicht. Manchmal konnte ich kaum noch laufen und bewegen gleich gar nicht. Der Darm fand sich mit seiner neuen Länge, fehlten ihm doch ca. 25 cm nicht wirklich ab. So gab es immer wieder Probleme, die nur mit eine funktionsfähige Waschmaschine zu lösen waren. Meine funktionierte gerade noch so, sie hat bestimmt über 20 Jahre auf dem Buckel.
Im Rahmen meines Hobbys, Flugsimulation am PC, bin ich beim Berliner Simulantenstammtisch gelandet, dort treffen sich Gleichgesinnte, man kann beim einem guten Frühstück fachsimpeln, seine Probleme zur Sprache bringen und bekommt in den meisten Fällen auch Hilfe. Das Treffen hat für mich schon einen festen Platz in der monatlichen Terminplanung. In der Gaststätte "Am Rollfeld" direkt am Flughafen Tempelhof sitzen in der Regel 10 bis 15 ›Simulanten‹ zusammen. Dort lernte ich den Chef der ›Colourair‹ kennen. Im Gespräch habe ich mich angeboten unseren Flugplan, einschließlich Flugzeuge in den Flugsimulator einzubinden. Hat viel Arbeit, aber auch Spaß gemacht. Leider kann ich aus gesundheitlichen, aber auch aus finanziellen Gründen nicht an den Pilotenreisen der Colourair teilnehmen, die ja oftmals nach Norwegen zum Hauptsitz unserer Airline gehen. Da ich ja schon einmal in Norwegen Urlaub gemacht habe, kann ich mir jetzt die schöne Landschaft am Simulator erfliegen. Einige werden vielleicht sagen, ist doch Unsinn was der erzählt. Ihr braucht ja nicht zu fliegen, schaut doch einfach mal bei der Colourair vorbei und überzeugt euch vom Realismus. Auf alle Fälle ist es sinnvoller als ›Moorhühner‹ zu jagen.
Der April war ein Monat mit vielen Höhen und Tiefen und er ging schon gut los, nämlich mit dem ersten Scheidungstermin am 1. April. Eigentlich wollte ja meine zukünftige Ex – Frau nach der Scheidung mit mir noch einen Kaffee trinken gehen, aber dazu kam es nicht, zwischen uns gab es nicht einmal eine Begrüßung, sie saß mit ›zur Faust geballten Gesicht‹ da und geschieden wurden wir auch nicht. Ich war, wie es meine Art als ehemaliger Taxifahrer ist überpünktlich da. Mein Rechtsanwalt kam dann auch, es gab noch ein kurzes Gespräch zwischen uns und dann stand ich schon vor dem Richter. Er machte einen unnahbaren Eindruck, aber vielleicht müssen die so sein, ich weiß es nicht. Es sah schon wieder so aus, als ich um alles kämpfen muss. Es gab auch schon ein erstes Problem mit der Prozesskostenhilfe, ich habe meine Lebensversicherung nicht angegeben, weil es gerade die Zeit war, wo ich sie auflösen musste und da habe ich sie nicht angegeben. Mein Rechtsanwalt hätte mich hier auch besser beraten können.
Dem ersten Termin gingen unzählige Schreiben zwischen den Rechtsanwälten hin und her. Neben der Scheidung, ging es auch um den geforderten Trennungsunterhalt vom Sozialamt.
Was mir komisch vorkam, war, dass die ganze Sache erst im Jahre 2002 so richtig in Fahrt kam. Hat sie etwa gewartet, was aus mir wird? Die Frage kann ich zumindest mal in den Raum stellen. In den Schreiben wurde ich mit Gemeinheiten und Lügen überschüttet, manches machte mich fassungslos.
Einige Kostproben in Bezug auf den Trennungsunterhalt;
Der Kläger erhält eine Berufsunfähigkeitsrente – Falsch
Der Kläger erhält Pflegegeld aus der Pflegeversicherung bei einem Behinderungsgrad von 80 Prozent – Falsch
Der Kläger hat 1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente abgeschlossen – Falsch
Der Kläger ist nicht unterhaltsbedürftig und
    hat seine Einkommensverhältnisse nicht wahrheitsgemäß vorgetragen – Falsch
Von der Beklagten hat sich die Lebensversicherung des Klägers
    im Dezember 2001 einen Betrag von 5.524,99 DM vom Konto geholt – Keine Ahnung was gemeint ist.
Der Kläger überließ es der Beklagten für den Lebensunterhalt zu sorgen – Falsch
Er verschweigt, dass er Eigentümer eine Grundstücks in Bautzen ist – schön wäre es
Der Kläger hat sich schon vorher ein schönes Leben auf Kosten der Beklagten gemacht und
    jetzt versucht er es wieder – sie hat wohl alles vergessen.
Wenn der Kläger heut (31.03.2003) behauptet, er sei krank, so stimmt dies auch nicht.
     Nach Kenntnis der Beklagten ist seine Krankheit ausgeheilt.
Diese Behauptung war für mich die beleidigenste Äußerung, die ich je von einem Menschen gehört habe. Da war ich schon irgendwie schockiert gewesen, kann man so etwas überhaupt zu einem Krebskranken sagen, welche Menschenverachtung liegt in diesen Worten. Ich bin schwer enttäuscht von diesem Menschen für den ich mal etwas empfunden habe.
Man sollte sich immer klar darüber sein, dass aus einer Scheidung auch eine Katastrophe werden kann. Es muss schon für diese Frau ein Schock sein, wie sich alles entwickelt hat. Was will ich damit sagen, zum Beispiel durch Krankheit und Erwerbsunfähigkeit kann sich manche Situation auch schnell ändern. Es steht Trennungsunterhalt an oder auch der Vorsorgeausgleich und wer gibt schon freiwillig etwas ab. Mit diesen Konsequenzen muss der Scheidungswillige immer rechnen. Wer ehrlich ist wird das auch akzeptieren, diese Frau natürlich nicht. Ich habe das so auch nicht gewollt und dafür muss ich mir nun diese Beleidigungen gefallen lassen.
Die Katastrophen gingen aber nahtlos weiter, bei einer routinemäßigen Röntgenkontrolle der Lunge und der umliegenden Organe, wurde etwas festgestellt, was sich nach nochmaliger Kontrolle als Zyste in der oberen Lungenspitze darstellte. Mir wurde gleich ganz anders zumute. Nun hatte ich mich einigermaßen stabilisiert und nun das. Es stelle sich später als ein vermutliches intrathorakales Struma der Schilddrüse (was das auch immer sein mag) heraus. Es muss beobachtet werden, meine Onkologin war verwundert, wieso das erst jetzt festgestellt wurde, obwohl ich jährlich einmal zur Röntgenkontrolle gehe. Na ja, kann ich dazu nur sagen.
Daraufhin erfolgte die zu Frau Doktor Sydow, Ärztin für Nuklearmedizin, eine anerkannte Spezialistin, in einer Praxis in Hellersdorf. Ich war wieder einmal zufrieden mit meinem Hausarzt, ein guter Griff. Noch einmal sei hier an dieser Stelle gesagt, dass das Verhältnis zu meinem Hausarzt, besser nicht sein könnte. Ich würde es schon als freundschaftlich bezeichnen, das gute Verhältnis zu ihm, wirkte sich auch insgesamt auf die Einstellung zu den anderen Ärzten aus. Auf meine Gesundheit sowieso.
Die ›kalten Knoten‹ in der Schilddrüse werden erst einmal unter Beobachtung bleiben, eine Operation ist gegenwärtig nicht geplant, obwohl sie eine Größe von 30–40 mm haben, aber wenn sie weiter wachsen, komme ich nicht daran vorbei. Insgesamt hat mich das aber etwas beruhigt.
Ja, dann kam Ostern heran, nein geschneit hat es nicht aber kalt war es trotzdem. Ich war wieder mal in meiner Geburtsstadt Bautzen und habe paar schöne Tage verbracht. Am Ostersonntag haben wir, Mutter und meine Schwester Sonja einen Ausflug nach Oberwiesenthal unternommen. Das Wetter war wunderschön, obwohl auf dem Fichtelberg noch Schnee lag. Es war ein gelungener ›Osterspaziergang‹ , zurück fuhren wir über Tschechien, auch um das Auto voll zutanken. Durchfahren haben wir viele bekannte Orte, früher sind wir oft nach der damaligen CSSR gefahren. Man konnte zwar wenig Geld umtauschen, aber es gab immer paar interessante ›Mitbringsel‹ zu ergattern.
Da war noch etwas im April, ein Termin beim Sozialamt, es gab auch etwas zu klären. Ich hatte wieder eine neue Sachbearbeiterin oder sagt man vielleicht besser Fallmanagerin. Es hört sich sehr ›schön‹ an, wenn ich ein Klient bin. Da wird, meiner Meinung nach, das Verhältnis Sozialamt – Antragsteller richtig deutlich, kein weiterer Kommentar, das Sozialamt ist immerhin mein ›Brotgeber‹ . Es gab eine positive Überraschung, die neue Sachbearbeiterin war mir ersten sehr sympathisch, aber deshalb habe ich bestimmt nicht das Sommer– und Winterbekleidungsgeld bekommen. Die Menschen die Sozialhilfe bekommen, wissen wie viel das ist, aber ich wusste davon gar nichts und nur durch die Nachfrage meiner neuen Sachbearbeiterin bin ich in den Genuss gekommen. Doch kein Klient, sondern Mensch!
Mich bedrängte noch ein anderes Problem, meine Waschmaschine gab bald ihren Geist auf, ich ahnte es förmlich, die alten Sachen, wie Waschmaschine, Möbel, Kühlschrank und Fernseher wurden mir ja, bei der Scheidung gelassen. Warum sie ausgerechnet meinen Ehering mitgenommen hat, ich weiß es nicht, vielleicht als Erinnerung an die doch nicht etwa als Erinnerung an die ›Faule Sau‹ , ich glaube sie hat ihn zu Geld gemacht.
Die Waschmaschine war für mich sehr wichtig, den Antrag bereitete ich schon vor und gab ihn ab. Für die Sachbearbeiterin stellte das kein Problem dar. Das war im April und sie gab ›den Geist‹ auf und ich konnte nur noch mir der Hand waschen, was mir aufgrund des Morbus Bechterew sehr schwer fiel.
Die Darmkrebsoperation hat bei mir eine Darmschwäche zurückgelassen, nein beschweren will ich mich nicht, es gibt ja auch andere Fälle, mit einem künstlichen Darmausgang. Dadurch gibt öfters Wäsche und ohne Waschmaschine ist es eine Katastrophe. Ja, man bekommt schon eine Waschmaschine, hängt davon ab wie ausgelastet die Sachbearbeiterin ist, die zur Kontrolle in die Wohnung kommt. Bei mir hat es, trotz Nachfrage, 3 Monate gedauert, also man muss schon hellseherische Begabung haben um rechtzeitig einen Antrag zu stellen. Die Kontrolleurin von Sozialamt befand eine Reparatur nicht für angebracht.
Gut baten ist jeder Sozialhilfeempfänger auch, wenn er auf seinen Mehrbedarf selbst achtet und entsprechende Unterlagen rechtzeitig beibringt, es geht zwar nichts verloren aber man wird auch nicht erinnert, gut es geht ja auch um mein Geld. Zum nächsten Termin im August konnte ich alles klären, es war noch dieselbe Sachbearbeiterin. Ich bekam das Geld für die Waschmaschine komplett zurück. Prima, wirklich ein Grund zur Freude.
Zwischenzeitlich besuchte ich die Sozialarbeiterin der Krebsfürsorge, die immer ein freundliches Wort, einen guten Tipp für mich hat, also wie schon mehrfach beschrieben ist diese Frau sehr wichtig für mich. Ich vertraue ihr und konnte auch offen über die Scheidung mit ihr sprechen. Ein regelrechter Glücksfall für uns Krebskranke. Ich war schon immer sehr feinfühlig und achte auf jedes Wort, deshalb bemerke ich sofort, ob jemand nur so tut als ob er zuhört, oder es wirklich tut. Bei ihr war ich mir sehr sicher, dass sie zuhört.
Dieses Jahr gab es ja nun wirklich einen besonders schönen, langen und warmen Sommer. Lag es daran oder am besseren Gesundheitszustand.

Jedenfalls kamen mir die Erinnerungen an meinen Bungalow in Zeuthen, 1978 gebaut auf dem Grundstück meiner Tanten. Besorgt durch Vater, er hat nur sehr selten seine Beziehungen angewandt, für mich persönlich war es jetzt zweite Mal. Das erste Mal in den siebziger Jahren, da besorgte er für mich und meine damalige Frau eine Wohnung in Berlin. Diese befand sich in der damaligen Dimitroff Straße, Ecke Artur Becker Straße, direkt am Friedrichshain unweit vom SEZ (Sport– und Erholungszentrum). Sie hatte zwar Ofenheizung, aber eine Besonderheit, die Kohlen konnten mit dem Fahrstuhl geholt werden. Da gab es noch etwas besonderes, es war das einzige Wohnhaus in Berlin mit einem 5 Meter hohen DDR – Emblem, das zu besonderen Anlässen beleuchtet werden konnte. Da gab es in der DDR sehr viele. Die Wohnung war so groß, dass meine Tochter ihre ersten Lebensjahre hier verbringen konnte.
Ich erinnere mich noch, der Bungalow musste in Görlitz am Bahnhof abgeholt werden. Den LKW zu bekommen war auch nicht so einfach, aber ich erhielt einen, sogar mit Kraftfahrer. Die einzelnen Teile waren ziemlich schwer, als alles abgeladen war sank ich entkräftet ›da hernieder‹ aber am nächsten Tag sollte er schon aufgebaut werden. Ich hatte wenig Zeit mich zu regenerieren. Zu dieser Zeit war es nicht sehr schwer, paar treue Kumpels zu finden, die halfen, ob das heute noch so ist wage ich zu bezweifeln. Ich wählte meinen damaligen Chef und seinen Stellvertreter zum ›Aufbauhelfer‹ und innerhalb von zwei Tagen stand er fest auf der Erde.
Meine Welt, handwerkliche Fähigkeiten zu beweisen, ich habe fast alles selbst gemacht, was auch allgemein anerkannt wurde, leider bin ich nun, gesundheitlich und finanziell, nicht mehr in der Lage, dieses Wochenhaus weiter zu unterhalten.
Später leistete ich mir noch ein Motorboot und baute einen Bootsschuppen, das ich aber gleich nach der Wende verkaufte.
Das war damals für die zukünftige Ex –Frau alles selbstverständlich, über die Mitnutzung dieser Werte hat sie bisher in der Gerichtsverhandlung nichts gesagt, aber vielleicht kommt das ja noch! Sie saß eben gern in fremden Nestern und schmückte sich mit selbigen Federn.

Aber darum geht jetzt im Jahrhundertsommer nicht, es geht um meine Gartennachbarn, ja leider wurden sie auch ein Schicksal der Wende! Sie konnten das Grundstück, das nun einem ›Wessi‹ gehörte nicht kaufen, weil es zu teuer war.
Die Nachbarn, nebst Tochter waren immer gute Freunde, selbst in den schwierigen Phasen meines Lebens. Bei ihnen war ich im Spätsommer zu Besuch. Eines neues Heim, sie sind zufrieden, es hat mir gut getan. Gern denke ich an die gemütlichen Feiern mit ihnen zurück. Es gibt nicht mehr viele Menschen, die mir was bedeuten, aber sie gehören unbedingt dazu.

2003 in Zeuthen

Manchmal gibt es auch heute noch ein kleines Grillfest in Zeuthen. Ich habe kein Wochenendhaus mehr, könnte es mir auch nicht leisten, aber wenn ich will kann ich das Grundstück mitnutzen.
Bin auch schon wieder in der Lage kleinere Arbeiten im Garten zu machen. Bei Großeinsätzen steht Schwager Rolf mit Familie zur Seite
und freut sich wenn er anschließend den Grill anwerfen kann.

Das Problem mit dem Morbus Bechterew schwebte immer noch ohne Klärung über mir. Nach dem jährlichen Besuch der Strahlenklinik in der Charité habe ich mir in der Poliklinik einen Termin für die Rheumatologie geholt. Ich glaube es war eine Wartezeit von über einen Monat, aber es blieb mir ja nichts weiter übrig.
Zum Termin in der Rheumatologie habe ich fast zwei Stunden warten müssen und dann Morbus Bechterew, ich dachte schon die Ärztin ist damit überfordert, aber nein, es machte zwar auf mich den Eindruck, weil sie mich zur ›Neuen Therapien‹ überwiesen hat. Neue Therapien kann ja vieles sein. Eine Woche später war ich dort und traf die Ärztin wieder, die mich vor einem Jahr auf die Tagesklinik eingewiesen hat. Es ging hier bei der ›Neuen Therapien‹ um die Teilnahme an einer Studie für Morbus Bechterew Patienten. Diese Behandlung dauerte über zwei Monate und es handelte sich dabei um eine Doppelblindstudie. Dazu muss ich feststellen, dass die Medikamente helfen die Schmerzen zu lindern, was aber für mich besonders wichtig ist, ich hatte wieder kompetente Ansprechpartner. Es ist wirklich sehr schwierig Ärzte zu finden die sich mit Morbus Bechterew auskennen. Somit ist wieder ein Problem gelöst, jetzt nehme ich die Medikamente weiter und gehe zur Physiotherapie.
Im Verlauf des Jahres hatte ich mir von meiner Diabetologin ein Rezept über eine diabetische Fußpflege ausstellen lassen, da ich aufgrund der Polyneuropathie und des Morbus Bechterew nicht gut in der Lage war, meine Zehennägel selbst zu schneiden, ich hatte auch davon gehört, dass man das Geld von der Krankenkasse zurückbekommt. Also frohen Mutes eine Fußpflegerin gesucht, nun ist es aber nicht so, dass wenn am Schild "Medizinische Fußpflege" steht, auch welche für die Kasse gemacht wird. Da hatte ich mir gleich den Unmut einer solchen Fußpflegerin zugezogen. Ich musste ihr auch deutlich sagen, dass es nicht meine Schuld ist wenn sie nicht für die Kasse arbeiten kann. Ich habe aber dann eine nette Frau gefunden, die mir einen Kostenvoranschlag für die Kasse gemacht hat. Also ging ich mit diesem Schreiben zu Krankenkasse und, na klar die Übernahme wurde abgelehnt, was habe ich auch anderes erwarten können. Nun hatte ich aber schon Erfahrungen und wusste dass oftmals der erste Antrag aus Prinzip abgelehnt wird. Hier hat mir auch wieder mein Hausarzt geholfen. Also Doktor auf dich lasse ich nichts kommen und ich glaube nach der Gesundheitsreform wirst du noch wichtiger für mich.
Ich legte Widerspruch ein, fügte das Attest vom Hausarzt dazu und es klappte. Geht doch, gleich kamen mir auch wieder die Gedanken an andere Menschen, die nicht mehr in der Lage sind gegen diese Übermacht anzukämpfen. Diese sind doch hoffnungslos verloren in diesem System. Also 6 x Fußpflege ist genehmigt, vielleicht geht der Kampf dann wieder von vorne los!
Der zweite Scheidungstermin stand im Juli an, es ging um den Vorsorgeausgleich, wie erwartet wieder keine Scheidung, es gab danach ein Pamphlet meiner Frau von ca. 80 Seiten wo jede Ausgabe, die sie für mich getätigt hat aufgelistet war, bewiesen durch entsprechende Kontoauszüge, der Tenor war der gleiche wie oben schon einmal wähnt. Leider habe ich für meine Ausgaben keine Nachweis, da ich immer alles aus dem ›Taxiportemonaise‹ bezahlt habe und wer lässt sich schon in einer intakten Ehe für jede Ausgabe eine Quittung von seinem Partner unterschreiben, das gleicht ja dann schon einem Panoptikum. Aber man sollte es zukünftig gut überdenken!!
Im Oktober hatte ich einen Termin beim Sozialamt, vorher waren meine Mutter und meine Schwester noch mal zu Besuch in Berlin, ja sie sehen immer mal nach mir und helfen, bei Tätigkeiten die mir nicht so gut von der Hand gehen. Nicht weil ich diese nicht kann, sondern manchmal spielt der Morbus Bechterew eine Rolle und meine Blockade im rechten Arm. Deshalb habe ich auch meine Küchenschränke höher gehängt, damit ich mich anstrengen muss um Geschirr aus dem Schrank zu nehmen. Was ich nicht möchte ist bemitleidet zu werden und deshalb versuche ich mich, so gut wie es eben geht, selbst zu versorgen. Besucher habe ich ja sonst kaum im Hause, Kumpel Micha und der Sohn meiner Cousine. Mehr nicht, da lohnt sich nicht mal das Kuchenbacken. Trotz meiner zentralen Wohnlage finden nicht viele Menschen zu mir! Die Familie natürlich ausgenommen. Als Kranker wird man in dieser Beziehung sehr feinfühlig. So, nun wäre das auch einmal gesagt, aber es muss ja nicht so bleiben.
Beim Termin im Sozialamt ging es um die Mieterhöhung von 25 Euro, natürlich war wieder eine neue Bearbeiterin für meine Betreuung verantwortlich. Ich zähle sie schon nicht mehr. Aber was schlimm war, mir wurde wieder angedroht, dass die Miete nur noch bis Ende Januar bezahlt wird. Ein diesbezügliches Schreiben wurde mir auch gleich ausgehändigt. Ein neuer Schock, doch so leicht schockt man mich nicht mehr. Dazu habe ich zu viel erlebt. Die Frage, ob ich nun bei jeder Mieterhöhung oder von Monat zu Monat mit einer Obdachlosigkeit bzw. Umzug rechnen muss, war ihnen gar nicht genehm. Es wurde damit entgegnet, dass die Bearbeiterin mich erst übernommen hat, was auch von der Mitzimmerbenutzerin bestätigt wurde. Das Schreiben wurde mir nun nicht ausgehändigt und ein neuer Termin vereinbart. Wenn es noch Probleme gäbe, würde man sich bei mir melden. Mein Auftreten bei Behörden ist auch nicht vergleichbar mit dem vor einigen Jahren. Selbstsicherheit in meiner Situation, ist das Wichtigste, damit sind auch viele Probleme zu lösen und mich bringt so was nicht mehr um, so hat eben jede noch so schlimme Krankheit, noch so ›bescheidene‹ Situation was Gutes. Genug Sozialamt, die Leute die dort arbeiten, sind natürlich nicht zu beneiden, da bin ich sicherlich einer der angenehmeren Kunden.
Der Termin für die CT und die Darmspieglung rückte wieder heran, ein Untersuchungskomplex der jährlich wiederkehrt, d.h. ab Oktober bestimmt er mein Leben. Dieses Mal hatte ich, aus unerfindlichen Gründen ein nicht wirklich gutes Gefühl und dann kam auch schon die erste Panne, 2 Liter Kontrastmittel zu Hause getrunken und dann war das CT – Gerät kaputt. Da kommt Freude auf, zumal das Kontrastmittel zwar nicht so übel schmeckt wie das für den Darm aber belastend ist es doch. Neuer Termin, der Oberarzt hatte sein Not den Zugang in die Vene, über den das Kontrastmittel später einläuft, nach einigen Versuchen klappte es doch noch. Ich kann bei der CT meine Arme nicht wie gefordert über den Kopf nach oben legen, auch eine Auswirkung des Morbus Bechterew. Es bringt immer paar Probleme mit sich, weil der Infusionsschlauch mit durch die ›Röhre‹ laufen muss, aber man gewöhnt sich langsam an mich. Die Onkologin sprach bei der Auswertung von einer ›Spitzenmäßigen CT‹ . Mir wurde es schon wieder ganz feucht unter den Augen, sie sagte noch zu mir, wenn es, nur bei allen Patienten so wäre. Der Satz meiner zukünftigen Ex – Frau ›Soviel wie mir bekannt, hat er es überstanden!‹ stimmt vielleicht doch, oder?
Jetzt erfolgte nur noch die letzte Untersuchung in diesem Jahr, die von allen geliebte Darmspiegelung, manche Menschen fallen schon um, wenn sie nur das Wort hören, ich natürlich nicht, ich habe sie, ich meine die Spiegelungen, nicht gezählt. Jedenfalls ist es wirklich kein Problem, zum Problem wird sie erst wenn es zu spät ist. Das Schlimmste für mich ist das Trinken des Darmreinigungsmittels (Klean–Prep), es schmeckt furchtbar und mir kommt das Erbrechen. Zur Abschreckung lag dieses ›Zeug‹ schon einen Monat im Kühlschrank. Es dauert jetzt mit dem Termin etwas länger, da einige Menschen ihre Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen.
Donnerstag ist kein guter Tag für eine Darmspieglung dachte ich mir noch so, die ganze Woche ist versaut, aber ich wollte Gewissheit. Ich habe schon ab Montag weniger gegessen, weil ich immer Probleme mit der ›Darmsauberkeit‹ hatte. Mittwoch, Punkt 14.00 Uhr ging es los, am Dienstag rührte ich dieses ›Gesöff‹ schon an, 3 x 1 Liter und war verwundert, dass nun gar kein Geschmack mehr zugesetzt wurde, es schmeckte ekelhaft salzig. Der erste Liter ging ja noch, aber dann kamen das Erbrechen und der Schüttelfrost. Ja man soll diesen Cocktail kalt trinken, da wird es schon frostig und drei Liter in drei Stunden sind nicht so einfach runterzubekommen. Der Hauptaufenthaltsort ist natürlich die Toilette, um es mal vornehm auszudrücken. Ich hatte mir, aber bitte nicht weitersagen, für den Abend noch zwei Flaschen Bier bereitgestellt, denn man soll noch 3–4 Liter trinken, was stand so konkret nicht dabei, nur keine Milch. Die Nacht war unangenehm, ich hatte große Wäsche vor mir, aber mit der neuen Waschmaschine kein Problem. Der nächste Tag, auch noch Schienenersatzverkehr, der ›Notfallbeutel‹ war gepackt und meine Reisetasche für Probleme auch, ja so ist das, wenn man alleine ist, da hat man an vieles zu denken. Den CD–Player habe ich mitgenommen, um mir die Wartezeit zu verkürzen und meine Englischkenntnis weiter voran zu bringen.
Ich nutzte übrigens jede Möglichkeit meine Ziele zu verwirklichen, täglich eine Stunde Vokabeln, eine Stunde BBC World, noch andere Lernprogramme und es gibt Erfolge. Ich bin überzeugt ich schaffe es, so wie ich in den letzten Jahren vieles geschafft habe.
Aber weiter mit der Untersuchung, angekommen musste ich gleich noch einen Liter trinken, es waren wenig ›Därme‹ da, sondern mehr ›Mägen‹ , meine Chancen, nicht lange warten zu müssen stiegen gewaltig. Der kleine Wartebereich ist immer sehr voll, aber nicht von Patienten, sondern von Begleitpersonen, manche bringen 2–3 Leute mit, warum auch nicht. Nach einer halben Stunde war ich dran, etwas besorgt schon, das obligatorische ›Engelshemd‹ übergezogen, noch einmal auf die Toilette und schon ging es los. Die Spritze, eine Mischung aus Narkose und Schmerzmittel ließ mich leicht wegtreten und ich bekam noch extra Sauerstoff. Die Untersuchung tut nicht weh, aber die Schwestern mussten den Darm ziemlich hin und her bewegen, das geht nur durch entsprechenden Druck auf den Bauch, war etwas unangenehm, aber auszuhalten. Ich konnte alles am Monitor mehr oder weniger ›vernebelt‹ verfolgen. Die Überraschung war, es wurde nicht einmal ein Polyp gefunden, ganze Steinbrüche fielen von mir. Keine Einlieferung, so ist das eben wenn man darauf vorbereitet ist. Danach, noch etwas ausgeruht im Aufwachraum und dann gleich noch mit dem Befund zur Onkologin. Da kann ich schon ohne Termin auftauchen, auch sie war zufrieden. Nun habe ich wieder ein Jahr Ruhe.
Stimmt es doch, was diese Frau sagte:.......!, was hat die schon für eine Ahnung, aber dieser Satz, diese Arroganz wird mich zeitlebens verfolgen. Die paar ›Nachwehen‹ waren am Abend bei einem Glas ›Dornfelder‹ gut zu verkraften.
Und dann geschah etwas Besonderes, manchmal wenn ich vorm Computer sitze, oder über mein Leben nachdenke, kommt mir der Gedanke, es könnte doch mal jemand anrufen und ein unvorhersehbares Ereignis nimmt seinen Lauf. Dann kam tatsächlich ein Anruf von meinem besten Schulfreund Werner. Ich war wieder einmal verschollen und es ging um ein Klassentreffen im nächsten Jahr in Pirna. Er hat sich wirklich große Mühe gegeben um mich zu finden. Ich muss ehrlich sagen in meinem jetzigen Leben spielte bisher ein Klassentreffen keine vordergründige Rolle, obwohl ich eigentlich nur gute und schöne Erinnerungen hatte. Das letzte Klassentreffen ist ja nun auch schon 12 Jahre her. Wenn ich mich einigermaßen fühle werde ich teilnehmen.
Aber etwas hat mich schon die ganzen letzten Jahre beschäftigt und das konnte ich nun klären.
Bei einem der vergangenen Klassentreffen habe ich mich mit einer ehemaligen Klassenkameradin gut unterhalten und wir lernten uns näher kennen, nein nicht doch, es war nichts weiter gewesen. Noch heute habe ihre frische, humorvolle Art in Erinnerung und wir verlebten sogar einen gemeinsamen Tag in Berlin. Ein sehr schöner Tag, mit Visite im Fernsehturmrestaurant und Einkauf für die ›gesamte Republik‹ in der, zu DDR–Zeiten sagenumwobenen Leipziger Straße. Das sind genau 20, in Worten zwanzig Jahre her. Danach verloren wir uns leider aus den Augen. Einmal gab es noch ein Klassentreffen, ich war verheiratet, es gab wieder eine nette Unterhaltung, aber wir wussten, was sich gehört. Die Frage, hätte mein Leben vor 20 Jahren einen anderen Verlauf nehmen können, war schon im Kopf vorhanden!!
Durch den Anruf meines Schulfreundes, der damals, über die Keime der Beziehungsentwicklung gar nicht so begeistert war, habe ich meine Chance gesehen. Ich wusste nichts von ihr, keine Adresse bzw. Telefonnummer. In den vergangenen Jahren habe ich, um ehrlich zu sein, schon oftmals an sie gedacht, aber vielleicht war sie längst verheiratet und ich hatte eigentlich kein Recht wieder in ihr Leben zu treten und dann kam noch meine Krankheit dazu. Kurz und gut, Werner hat mir die Adresse gegeben und auch ihre Telefonnummer, er wusste aber auch nichts Genaues über sie. So einfach ist das also, dachte ich mir. Anzurufen habe ich mir, ehrlich gesagt, nicht getraut, vielleicht ist ihr Mann ist am Telefon und was dann?
Ich musste mir was einfallen lassen!
Ich erinnerte mich noch, dass ich beim letzten Klassentreffen, vor 12 Jahren, anschließend gleich wieder von Pirna über Dresden, noch in der Nacht, nach Berlin gefahren bin. Meine Schulfreundin wäre gern mit mir nach Dresden gefahren. Es gab aber, warum auch immer, keine vorherige Absprache zwischen uns, ich nahm eine andere Klassenkameradin ein Stück mit.
Nun hatte ich meine Chance, also schrieb ich einen langen Brief und bot ihr an, sie mit nach Pirna zum Klassentreffen zu nehmen und ich fahre sie auch wieder zurück. Brief abgeschickt und gewartet. Nicht lange, da rief sie an, wir waren wohl beide überrascht über unsere Stimmen. Es ist natürlich auch klar, viel ist passiert, aber mein Angebot nahm sie ohne zögern an.
Was soll ich lange warten, wie verabredeten uns und ich besuchte meine Schulfreundin noch im Dezember, ich wollte sowieso meine Mutter nach Berlin holen, damit sie mir bei den Geburtstagvorbereitungen hilft. Um es gleich vorweg zu sagen, an meiner Scheidung im Jahre 1983 war sie nicht Schuld, muss ja auch noch einmal ganz deutlich gesagt werden. Ist ja auch egal, es ist nun sowieso nicht mehr rückgängig zu machen!
Jedenfalls haben wir uns getroffen, sind noch in unsere Stadt Pirna , in der wir gemeinsam in die Schule gegangen sind, gefahren und ich wurde, weil sie mich abgelenkt hat auch noch auf der Rückfahrt geblitzt, na schön, 25 Euro für einen Sozialhilfeempfänger sind ja nicht so wenig.
Um die Frage gleich vorwegzunehmen, ich fahre als Sozialhilfeempfänger ein Auto, weil ich das Merkzeichen G habe und seit diesem Jahr zu 100 % schwerbehindert bin. Das Auto hilft mir manchmal, mich von A nach B zu bewegen, obwohl es mit der Bewegungseinschränkung auch nicht gerade angenehm ist zu fahren.
Der Besuch bei ihr war so, wie ich es mir nach 20 Jahren vorgestellt habe, jeder hat sein Leben gelebt, ich war sicherlich nicht so auf der Gewinnerstrecke, ob es meine Schulfreundin war, ich kann es nicht 100% einschätzen. Na gut, es wird weiteres zu berichten geben, jedenfalls, kann ich sie zum Klassentreffen mitnehmen und ich fahre sie auch wie vor 20 Jahren wieder nach Hause und werde bei ihr übernachten, dass mit dem Übernachten war aber vor 20 Jahren nicht so gewesen.
Es ist immer wieder dasselbe, wenn alle Leute froh sind Weihnachten geschafft zu haben geht es bei mir noch einmal so richtig los. Meine Mutter konnte ich nun doch überzeugen, Weihnachten mal bei mir in aller Ruhe zu verbringen. Aber meine Schwestern haben sie nur unter ›Protest‹ fahren lassen. Es war dann aber wirklich sehr ruhig geworden, wenn da nicht die Vorbereitung des Geburtstages gewesen wären. Da war ich wirklich froh, dass mich meine Mutter so tatkräftig unterstützt hat, einige Arbeiten fallen mir eben doch sehr schwer. Ich glaube alle Gäste waren zufrieden und ich natürlich auch.
Meine Mutter könnte auch jedes Jahr Weihnachten bei mir sein, trotz ihres Alters ist sie eben sehr ›pflegeleicht‹ , nur gibt es eben bei mir in der Wohnung kein Unkraut zu jäten und das macht ihr, selbst im Winter, Probleme.
Nun sind sie alle wieder gefahren, Mutter, Tanten, Schwestern, Schwägerin, Schwagers, Cousine und noch andere Freunde, mein fünfundfünfzigster Geburtstagtag war gelaufen. Einige gibt aber noch, die zwar nicht da waren, aber Freunde sind es allemal. Die Einsamkeit ist dann schlagartig nicht so einfach zu verkraften und manchmal kommt schon eine Träne gerollt.
Doch der Geburtstag war anders gewesen, ja warum ist einfach zu erklären, zum 55.zigsten kamen nur noch die Menschen, die auch in schweren Zeiten zu mir gehalten haben, an mich geglaubt und mich unterstützt haben, wie auch immer und da sind von ca. 40 nur noch reichlich 10 übrig geblieben. Sicherlich hat das unterschiedliche Ursachen, wahrscheinlich haben einige Menschen meine Krebserkrankung nicht verkrafteten können, denn es gibt immer noch viele Menschen die mit dem Krebs nichts anzufangen wissen. Warum auch immer sich die Menschen von mir abgewandt haben, letztmalig war hier die Möglichkeit, auch von denen die einmal meine Achtung hatten, den Kontakt wieder herzustellen. Warum sind die Menschen eigentlich manchmal so grausam?
Aber ich habe mich damit abgefunden und Mittlerweile kann ich damit ganz gut leben.
Dann kam das Jahresende, für mich eigentlich nach fünf Jahren Alleinsein, kein Problem mehr.
Doch das Schicksal schlug noch einmal erbarmungslos zu, die Familie vom Schwager Rolf, hat mich noch am letzten Tag des alten Jahres zum Abendbrot eingeladen. Ich wollte für seine Frau noch ein paar Blumen besorgen, na ja die Bundeshauptstadt, viele Blumenläden hatten schon geschlossen, also zum Alex und dann passierte es. ›Eine Begegnung der unheimlichen Art‹ am Ostbahnhof stieg meine Frau in den gleichen Wagen ein, natürlich in Begleitung, ich kann nicht einmal genau sagen, ob sich unsere Blicke begegneten, aber so wie sie geguckt hat, denke ich schon, oder es kann auch sein sie schaut jetzt immer so.
Den Jahreswechsel habe ich dann wieder allein zu Hause genossen, es war trotzdem schön gewesen, aber es muss auch nicht immer so bleiben!
Natürlich habe ich mir, wie jedes Jahr, über meine neuen Ziele Gedanken gemacht und da hatte ich mir, wenn die Gesundheit so bleibt, wieder einiges vorgenommen. Es geht tatsächlich langsam aufwärts. Die Probleme wie Grundsicherung und Scheidung konnten in diesem Jahr nicht gelöst werden und es bleiben einige Unsicherheiten übrig. Ich hoffe einiges wird sich im nächsten Jahr lösen, denn für den gesamten Prozess der Gesundung, wäre es schon wichtig.

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