8. Sorgen, Überraschungen, paar geklaute Monate und
ein Jubiläum mit Praxistest Jahr 2005
Weihnachten 2004 kam immer näher, alle Geschenke, na ja Kleinigkeiten waren verpackt und wenn notwendig verschickt worden. Ein Päckchen ging besonders weit, denn es hat fast 14 Tage gedauert bis es ankam, somit nicht pünktlich zur Bescherung. Die Deutsche Post machte ihrem Namen (Schneckenpost) wieder einmal alle Ehre, trotz teurer Gebühren muss man für ein kleines Päckchen nach Österreich lange Zeit einplanen.
Zwei Tage vor Weihnachten fuhr ich los, vorher kam noch ein Brief vom Rechtsanwalt, dass der Termin beim Amtsgericht im Januar ausfällt, weil die Klage gegen die Prozesskosten von meiner Ex–Frau zurückgezogen wurde, vielleicht hatte sie nun endlich begriffen, dass den Armen nix mehr zu nehmen ist. Letztendlich blieb sie auf den Kosten von 3000 Euro sitzen, eine kleine Genugtuung für mich. Beim Öffnen des Briefes, dachte ich schon, hört denn das niemals auf.
Die Fahrt ging über Dresden nach Bautzen, ich bin noch für eine Stunde bei meiner Schulfreundin vorbeigefahren, ich glaube sie hat sich sehr gefreut und paar kleine Geschenke wurden auch ausgetauscht, die natürlich erst am Heiligen Abend geöffnet werden durften. Harte Sitten im Sachsenland, wo Weihnachten sowieso anders ist, mehr Heimlichkeiten, mehr Christstollen, mehr Weihnachtsmarkt, also viel gemütlicher.
Am zeitigen Nachmittag kam ich dann bei meiner Mutter an, es war die erste große Fahrt nach den massiven Augenproblemen im letzten Jahr, es ging gut, weil es hell war, denn ich habe den Eindruck als ob ich nachts nicht mehr so gut sehen kann.
In Bautzen wurde kurz der Plan gemacht, wie das Fest abläuft und wie mein Geburtstag organisiert wird.
Am 24. Dezember hatte meine Mutter entgegen allen Traditionen zu sich eingeladen, also waren wir am Heiligen Abend insgesamt 8 Menschen, eine Katze und eine Katzentransportkiste, der Platz wurde jedenfalls eng.
Geschenke gibt es nicht, nichts heißt aber nicht gar nichts, es sind Kleinigkeiten, Mutter ist natürlich großzügig, ihre Kinder und die Enkel bekommen einen nicht unerheblichen Geldbetrag. Es gibt den gleichen Betrag in Euro, sie hat es so wie viele Händler gemacht und 1 zu 1 umgestellt. Natürlich haben wir die Mutter darauf aufmerksam gemacht, sie meinte Vater hätte es auch so gewollt.
Am 1. Feiertag, lud wie immer, meine Schwester Sonja zum Entenessen ein, ihre beiden Kinder und meine Tante waren auch zu gegen, der jüngste Sohn meiner Schwester hatte in Frankfurt am Main im Hotel Dienst zu machen, war also nicht da. Er ist erst nach Weihnachten gekommen. Es war ein vorzügliches Mal gewesen, anschließend bin ich gemeinsam mit Mutter zu ihrem Anwesen gelaufen. Es herrschte eine eigenartige atmosphärische Stimmung vor, die Berge waren so nah wie noch nie, es war ganz still, wie Weltuntergang und in der Nacht kam ja auch die Flutwelle in Südostasien!
Der 2. Feiertag sollte eigentlich ruhig werden, ich hatte schon seit mehreren Wochen Kopfschmerzen, deshalb wurde ja auch die CT in der Charité gemacht, sie waren beim Aufwachen da und verschwanden in den Vormittagsstunden. Es kam aber anders, meine Schwester Sonja rief am Vormittag an und fragte, ob wir nicht helfen wollen, ihr Karnickel zu verspeisen. Früher war ich nicht so ein guter Esser, aber solche Gelegenheiten lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Weil es regnete, holte uns mein Neffe Ronny mit dem Auto ab. Mir schmeckt der Hase besser als die Ente, wichtiger als Fleisch ist mir aber Soße, Rotkraut und Kartoffeln, bescheiden wie ich bin.
Da genug Leute da waren, wurde am Nachmittag ein gemütlicher Doppelkopf gespielt, obwohl es Weihnachten eigentlich nicht üblich ist. Alle verloren haushoch, ich war der überragende Gewinner. Es wird nicht um große Summen gespielt, das Geld ist für einen guten Zweck bestimmt, es verhilft uns Mitspielern in Form eines gemeinsamen Essens in einer Gastwirtschaft.
Weihnachten war wieder einmal vorbei und wie immer kam am nächsten Tag mein Geburtstag. Ich plante die Runde vom Heiligen Abend einzuladen. Für das Abendbrot habe ich, mit Mutter, am Vormittag eingekauft, ich konnte das von meiner ›Weihnachtsgratifikation‹ vom Sozialamt bezahlen. Die Feier war angenehm und natürlich wurde sich auch über meine Situation unterhalten, alle haben sie mir bescheinigt, dass ich trotz meiner Krankheit doch recht aktiv bin. Ich selbst habe auch noch positive über den Staat gesprochen, ich meine über die Hilfe die den wirklich Armen zu teil wird, noch ahnte ich nicht im Entferntesten was mich nach meiner Rückkehr in Berlin erwartet.
Es gab neben den Geburtstagsgeschenken, noch eine schöne Überraschung, eine sehr gute Mailfreundin Amely aus Österreich rief an um mir zu gratulieren. Wir kennen uns seit einem Jahr, aber eben nur virtuell, geplant ist aber auch ein persönliches Kennenlernen. Es hat sich daraus eine intensive und vor allem niveauvolle Mailfreundschaft entwickelt. Ja und diese Frau rief an, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet habe, war die Freude groß. Es ist schon komisch, manche Leute aus dem Netz, stehen mir näher, als die aus meiner unmittelbaren Umgebung und wissen auch viel mehr über mich. Deshalb wäre für mich ein Leben ohne Internet kaum noch denkbar.
Am 28.12. fuhr ich zurück nach Berlin, ich habe immer ein ungutes Gefühl, wenn ich paar Tage nicht zu Hause bin und mein Gefühl täuschte mich auch dieses Mal nicht.
Die Vögel lebten alle, aber das Ungemach lag im Briefkasten bzw. auf dem Esstisch in der Wohnung. Ich konnte es kaum glauben, ein Brief vom Sozialamt mit einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (ALG II), abgeschickt am 22.12.2004. Ich hatte im letzten Jahr mehrmals im Sozialamt nachgefragt, wie es bei mir ab 01.01.2005 weitergeht, weil eindeutig klar war, dass ich mit dem ALG II nichts zu tun habe. Ich bin seit 2000 voll erwerbsgemindert, bescheinigt durch die LVA.
Damit war mir schon klar, es gibt erst einmal kein Geld im Januar, zu Glück hatte ich mir im Laufe des Jahres soviel Geld zusammengespart und konnte wenigstens die Miete bezahlen, ohne mein Konto zu überziehen, aber wem interessiert das schon im Sozialamt.
Nun begann für mich der Kampf »David gegen Goliath«, es galt zuerst genau zu überlegen, was ich jetzt mache, denn die Zeit war knapp. Ich rief bei der angegebenen Hotline an und teilte mit dass ich diesen Antrag bekommen hätte. Man sagte mir, sicherlich ein Versehen, wenn ich erwerbsunfähig bin, trifft es auf mich nicht zu, damit war mir aber immer noch nicht geholfen. Am selben Tag setzte ich mich noch mit der Mitarbeiterin des Sozialamtes, die eigentlich für erwerbsunfähige Sozialhilfeempfänger zuständig ist in Verbindung. Die Antworten waren nicht gerade hilfreich und kompetent. Irgendwie war ich gelähmt, ich wusste plötzlich gar nicht wo ich mich hinwenden sollte, schickte noch eine E–Mail an meine ehemalige Sachbearbeiterin im Sozialamt, darauf habe ich bis heute keine Antwort.
Am nächsten Tag begab ich mich persönlich zum Sozialamt um eine Klärung herbeizuführen, wohin stellte sich mir die Frage, ich ging zur Erstberatung, verwunderlich dort standen, wie sonst nie keine Leute an, der Mitarbeiter den ich ansprach war mit meinem Anliegen vollkommen überfordert und meinte ich solle schnell noch einen Antrag auf Sozialgeld nach SGB XII ausfüllen. Ich hatte bis jetzt nirgendwo gelesen oder gehört, dass ich einen neuen Antrag ausfüllen muss. Kurioserweise waren gab es noch gar keine neuen Anträge, also stand ich wieder da, ging noch einmal persönlich zu der Mitarbeiterin die für die ›Nichterwerbsfähigen‹ zuständig war. Sie war ratlos, ich bin mir bis heute nicht klar, was diese Stelle überhaupt für eine Aufgabe hat, das Einzige was sie in Erfahrung bringen konnte, dass für mich kein Geld zur Zahlung angewiesen wurde, das war doch mal eine Beruhigung!
Sie konnte mir noch den Namen eines Gruppenleiters geben, der eventuell für mich zuständig sein könnte. Also versuchte ich ihn zu finden, hektisch hin und her laufende Menschen mit Akten und Büromaterialien zeigten deutlich die ›klare Linie‹ im Sozialamt. In einigen Zimmern waren auch schon die Vorbereitungen für die Silvesterfeier im Gange, was sich an Papierschlangen und anderen Utensilien ausmachen ließ. In all dem Treiben stand ich nun und suchte das Zimmer des Gruppenleiters, Vorstellungen, dass mir geholfen wird, kamen mir dabei nicht in den Sinn. Das war dann auch kein ›Kleinscheiß‹ mehr, ich hatte ein echtes Problem.
Wenig später stand ich ohne Anmeldung, nur mit Klopfen im Zimmer des Gruppenleiters, er war recht zugänglich, ich staunte nicht schlecht, fast so ein Mensch wie ›DU und ICH‹ . Ich schilderte mein Problem, aber helfen konnte er mir auch nicht, er meinte ich solle am 3.1. oder besser erst am 4.1. wieder vorbei kommen.
Damit war für mich der Jahreswechsel gelaufen, Stimmung wollte nicht aufkommen, es gab keinen Grund dafür. Schade eigentlich, eine leichte Depression machte sich breit, aber ich schob sie beiseite, nicht einmal ›Dinner for One‹ konnte mich so richtig erheitern. Eigentlich wollte ich vor den Jahreswechsel endlich einmal das Brandenburger Tor beehren, aber mir war die Lust vergangen, vielleicht gönne ich es mir im nächsten Jahr, wenn mir nicht wieder so eine Behörde einen dicken Strich durch die Rechnung macht.
Im Kopf kreisen die Gedanken, du hast in den letzten 5 Jahren so viel erreicht und dir alles schwer erkämpft, da wird es wohl im neuen Jahr eine Lösung geben, denn die Hilfe steht dir doch zu. Ich hatte nun Zeit drei Tage darüber nachzudenken wie ich im Januar vorgehen will und das macht sich zum Jahreswechsel ziemlich gut!
Danke, Sozialamt kann ich da nur sagen.
Zuerst habe ich mir den Gesetzestext im Internet besorgt, Ansprechpartner, wie Petitionsausschuss im Abgeordnetenhaus zu Berlin und mir schon einmal die Nummer vom Bürgertelefon der CDU – Geschäftsstelle rausgesucht. Ich hatte auch Zeit ein Schreiben zu entwerfen an den Leiter des Sozialamtes, welches ich, egal wie die Sache ausgeht abschicken wollte.
Im Internet wurde ich fündig dort steht;
§ 41 SGB XII – Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe folgende (Fassung vom 01.01.2005)
(1) Zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung können Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die
1. das 65. Lebensjahr vollendet haben oder
2. das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, auf Antrag die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach diesem Kapitel erhalten.
(2) Anspruch auf Leistungen haben Leistungsberechtigte nach Absatz 1, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 beschaffen können.
(3) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel haben Personen, die in den letzten zehn Jahren ihre Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben.
Genau dieser Paragraph trifft für mich zu, außer Absatz (3) natürlich.
Ich erinnerte mich daran, dass meine Grundsicherung im April 2004 schon einmal abgelehnt wurde, weil das Amt damals nicht die Unterhaltsforderungen gegenüber meiner Ex – Frau durchsetzten konnte. Dem Amt fehlten die Rechtsmittel und ich wurde an das Sozialamt zurückverwiesen, aber ich hatte damals das Schreiben von der LVA bekommen über meine voller Erwerbsminderung. Ich will mir gar nicht vorstellen wie es wäre, wenn ich diese Problematik nicht schon geklärt hätte.
Das war alles was ich vorbereiten konnte, meine gesamten Unterlagen die ich für die Beantragung als notwendig erachtete legte ich zurecht und am Montag , nicht erst am Dienstag, begab ich mich wieder zum Sozialamt.
Irgendwie hatte ich schon wieder eine Vorahnung, was mich erwarten wird, nämlich Inkompetenz, so war es auch. Ich erspare mir die Gedanken und Gefühle zu beschreiben die mich umgaben, jeder kann sie sich selbst ausmalen, manchmal, obwohl es sicherlich nicht gerecht ist, wünschte ich diesen Menschen ähnliche Probleme!!!
Die Damen an der Information waren mit meinem Anliegen, Geld nach SGB XII zu bekommen überfordert, schickten mich zur Beantragung von ALG II und zur Beantragung der Grundsicherung zu den entsprechenden Stellen. Es müsse erst die Ablehnung dieser beiden Stellen vorliegen, bevor ich etwas beantragen könnte. Es waren außer mir keine weitere Bedürftige da, also unter Zeitdruck standen sie bestimmt nicht. Sie hatten ganz einfach keine Ahnung. So einfach wollte ich mich aber nicht abwimmeln lassen, sprach noch einmal den Gruppenleiter an, der hatte aber keine Zeit, weil er zu einer Besprechung musste. Er sagte mir, ich solle morgen wiederkommen, dann will er mir helfen!
Da stellte sich mir ernsthaft die Frage, wie man mir helfen will, wenn keiner durchblickt. Ich dachte auch an den Brief für den Leiter des Sozialamtes den ich bei mir hatte, aber dann wollte ich doch erst den nächsten Tag abwarten. Trotzdem ich wusste, dass die Auskunft falsch ist, musste ich den Irrsinn mitmachen, den ›qualifizierten Mitarbeitern‹ sei dank.
Am selbigen Tag sprach ich bei der Beantragungsstelle für das ALG II vor, hier wurde ich wenigstens freundlich empfangen. Obwohl ihnen unklar war, warum ich ALG II beantrage, musste ich den Antrag trotzdem ausfüllen, das Ausfüllen wurde mir sogar abgenommen.
Danach ging ich zum Grundsicherungsamt und brachte mein Anliegen vor, auch dort stellte ich einen neuen Antrag. Der Herr in der Antragsstelle hatte überhaupt keine Ahnung, er musste erst irgendwo nachfragen und zu dem Antrag wurden auch keinerlei Unterlagen benötigt, das erschien mir alles sehr merkwürdig.
Mehr konnte ich am Montag vor Ort nicht machen, also wieder nachdenken zu Hause, mich regenerieren, denn ich fühlte mich ziemlich ausgelaugt. Die Problematik schlug mir unversehens auf den Darm, er rebellierte und ich bekam Hautausschlag, den ich beim nächsten Arzttermin abklären lassen musste.
Am Abend erfuhr ich im Fernsehen eine Telefonnummer von Rechtsanwälten, wo man sich beraten lassen konnte zu Fragen von Hartz IV, aber mein Problem hat mit Hartz IV eigentlich nichts zu tun, die Rechtsanwältin bestärkte mich auch in meiner Auffassung und meinte ich solle zum Sozialgericht gehen und ein einstweilige Anordnung erwirken. Nicht schon wieder ein Gericht kam es mir gleich in den Sinn.
Mir kam aber eine Idee, ich wusste, dass in meinem Bezirksamt, das Grundsicherungsamt zum Wohnungsamt gehört und nicht zum Sozialamt, obwohl es jetzt nach SGB XII eigentlich zum Sozialamt gehören müsste. Klingt komisch ist aber so, der Bürgermeister wollte es so, diese Ausnahmen gibt es nur sehr selten in der gesamten BRD und ich ahnte schon, dass das Problem vermutlich hier liegt.
Am Dienstag fuhr ich wieder zum Bezirksamt, begab mich gleich zum Gruppenleiter, dem ich auch, nach wirklich kurzer Wartezeit, mein Problem schildern konnte. Ich war auch gewillt, nicht eher zu gehen bis es eine Klärung gab.
Ich brachte vor, dass ich gestern, die beiden Anträge abgegeben habe und er fragte mich, wie lange es dauert bis sie abgelehnt werden, ich dachte schon er wollte so lange warten, aber er konsultierte sich mit einer Sachbearbeiterin.
Wieder stand das Problem der Zugehörigkeit des Grundsicherungsamt im Mittelpunkt, bis er sich nun endlich mit einer der Gruppenleiterin des Grundsicherungsamtes in Verbindung setzte. Wieder gab es keine Antwort, aber sie wollte sich darum kümmern und zurückrufen. War ich nun doch bei der richtigen Stelle im Grundsicherungsamt gelandet. Ich musste wieder auf dem Gang Platz nehmen, nach einer knappen Stunde war die Antwort da, ich gehöre jetzt zum Grundsicherungsamt und sollte mich dort melden, scheinbar war das am Montag noch nicht bekannt, bin ich etwas besonderes, war mein Fall einmalig?
Die zwei Mitarbeiter im Grundsicherungsamt waren mir schon bekannt, ich will es vorsichtig formulieren, sie sind zugänglicher, menschlicher, ob es was bringt wird die Zukunft zeigen. Ich staunte nicht schlecht wie schnell meine Akte wieder aus dem Archiv vorgeholt wurde und mein gestriger Antrag war auch schon im Computer, nun brauchten nur paar Daten ergänzt bzw. aktualisiert werden, jetzt fehlt nur noch das Geld.
Die zwei Probleme die sich auftaten, waren die Unterhaltsforderung gegenüber meiner Ex–Frau und meine zu große Wohnung. Man wollte mir aber schnell helfen und mir ein Darlehn für ein halbes Jahr geben, was auch immer das bedeuten sollte. Das Geld für Januar sollte ich mittels Scheck bekommen, welcher dann in der Sozialkasse bar ausgezahlt wird.
Nicht wirklich zufrieden begab ich mich wieder nach Hause und dachte nach, denn es standen weitere Zahlungen an, Telefon, Energie und Praxisgebühr, ich glaubte nicht wirklich daran, dass ich kurzfristig finanzielle Mittel bekomme, aber was half es, warten war angesagt. Als ich bis Sonnabend keinen Bescheid bei mir eingegangen war, beschloss ich am Montag wieder anzurufen um nachzufragen.
Mein Sachbearbeiter war sofort im Bilde und sagte der Scheck liegt bei der Gruppenleiterin, ich ließ mir die Nummer geben und rief an.
Meinen Namen konnte sie zuordnen, sie wusste sofort Bescheid und sagte die Akte liegt bei ihr auf dem Tisch, na schön dachte ich mir, wenigstens ist sie nicht verschwunden, bei der Übersicht hätte es mich nicht gerade gewundert.
Ich teilte der Gruppenleiterin mit, dass ich am Dienstag einen Arzttermin habe und die Praxisgebühr bzw. meine Zuzahlung zu den Medikamenten nicht leisten kann. Es schien sie hellhörig zu machen und sie meinte ob ich nicht vorher vorbeikommen könnte um mir den Scheck abzuholen. Es gäbe ein Darlehn für ein halbes Jahr mit Auflagen, die darin bestanden, dass ich mich um den Unterhalt von meiner Ex– Frau kümmern muss und mir einen angemessenen Wohnraum suchen sollte.
Beide Probleme sind beim damaligen Sozialamt schon geklärt worden. Na ja, Zusammenarbeit oder Absprachen egal welcher Art gibt es nicht, ich wunderte mich nicht mehr. Wichtig war für mich, dass ich mein Geld bekomme, die anderen Probleme werde ich im Laufe der Zeit klären. Es ist ja noch viel Zeit, ein halbes Jahr.
Trotzdem, ein ›Glücksgefühl‹ stellte sich nach dem Anruf nicht ein, ich war gespannt, was mich am nächsten Tag erwarten wird.
Am späten Nachmittag, ich arbeitete gerade an meiner Website um endlich die mehr als umfangreichen Seiten über die Euromünzen fertig zu stellen, diese Arbeit lenkt mich, beim Warten auf die Problemlösung ab. Da klingelte das Telefon, ich dachte schon, wird wieder ein neues Problem bei der Grundsicherung aufgetaucht sein. Aber es war meine Ärztin aus der Rheumatologie der Charité.
Sie teilte mir mit, dass bei der Kopf – CT im vergangenen Jahr etwas festgestellt wurde, sie hatte diese veranlasst, weil ich in der letzten Zeit verstärkt über Kopfschmerzen geklagt habe, zusätzlich vernahm ich noch Kopfgeräusche.
Da aufgrund meiner Vorerkrankung und der jetzigen Remicade – Therapie eine Metastasenbildung im Gehirn nicht ausgeschlossen ist, wollen die Neuroradiologen noch einmal genauer gucken.
Dazu machte sich eine Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig. Sie sagte mir es wird sich jemand bei mir melden und einen Termin ausmachen, paar Tage später solle ich dann zur Auswertung kommen. Das war natürlich gleich wieder ein Schlag, ein Problem noch nicht geklärt und ein neues taucht schon wieder auf, wenn das nicht ein Jahresbeginn nach Maß ist.
Man befasst sich ja gleich wieder mit Krebs und allen seinen Nebenerscheinungen. Ich stellte mir die Frage, muss ich schon wieder einen neuen Abschiedsbrief schreiben? Aber so verbissen sah ich das Problem dieses Mal nicht, wenn es so ist, lässt es sich nicht ändern.
Der Termin wurde kurzfristig für die nächste Woche festgelegt.
Am nächsten Tag ging ich wie vereinbart zum Grundsicherungsamt um meinen Scheck abzuholen. Die Vorsprache beim Sachbearbeiter ergab, dass noch kein Scheck da war, er schickte mich gleich zu seiner Vorgesetzten. Nun sah ich die Gruppenleiterin wenigstens auch einmal, ich kann aber keine Einschätzung von mir geben. Obwohl sie mit mir sprach, Beachtung schenkte sie mir nicht, habe ich auch nicht erwartet, bin ja nur ein Schwerbehinderter und auf Hilfe angewiesen!
Endlich hatte ich den Scheck in der Hand und den Bescheid des Grundsicherungsamtes.
BESCHEID
über die Gewährung eines Vorschusses auf Leistungen nach dem vierten
Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)
Sehr geehrter Herr Ullmann
unter Berücksichtigung Ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse erhalten Sie:
gem. § 42 SGB I einen Vorschuss vorbehaltlich der Überprüfung Ihrer Vermögensverhältnisse
für die Monate Januar 2005 bis Juni 2005.
In dieser Zeit sind Sie verpflichtet:
– Die Unterhaltsansprüche gegenüber Ihrer geschiedenen Frau gerichtlich einzuklagen.
– In Abstimmung mit dem Amt für Grundsicherung preislich vertretbaren Wohnraum zu suchen.
Sollten Sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, werde ich die gezahlte Vorschusszahlung zurück fordern.
Die Vorschüsse sind gem. § 42 Abs. 2 SGB I auf die zustehenden Leistungen anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten.
Wie ich etwas klären sollte wurde mir von der Gruppenleiterin, die man getrost als ›arrogante Ziege‹ bezeichnen kann, folgendermaßen erläutert. Ich sollte nur zum Rechtsanwalt gehen und ihn beauftragen den Unterhalt bei Gericht einzuklagen, was und wann es ein Ergebnis gibt ist egal, dass Grundsicherungsamt wollte nur eine Aktion von mir sehen, klingt komisch ist aber so. Mein Rechtsanwalt wird sich freuen, wenn er sich mit meiner Ex – Frau wieder vor Gericht ärgern muss, er war damals froh, dass das Sozialamt die Sache selbst klären wollte. Meinen Bearbeiter bat ich noch zu klären, wie es ab nächsten Monat weitergeht und er änderte in meinem Beisein die Zahlungsanweisung, d.h. ab Februar müsste ich das Geld wieder auf das Konto bekommen. Ich hoffe es wir auch so sein, aber nach dem was ich alles erlebte, kamen doch leichte Zweifel auf.
Ich musste anschließend sowie so zur Sozialkasse um das Geld zu holen, beschloss ich gleich bei der Rechtstelle des Sozialamtes vorbeizugehen um die Unterhaltsproblematik abzuklären. Die Auskunft vom Grundsicherungsamt war mir doch zu blöd.
Die Mitarbeiterin der Rechtsstelle war zu Anfang etwas unnahbar, kannte aber meinen Fall komischerweise, langsam werde ich bekannt, da lebt es sich doch gleich viel besser. Ich erfuhr, dass meine Ex – Frau den Unterhalt nicht bezahlen will. Es gibt deshalb mit ihr massive Probleme, die Begründung ist die Gleiche wie bei der Scheidung, er ist faul, er trinkt, er schläft nur und hat nie etwas zum gemeinsamen Auskommen beigetragen. Ich heiratete doch wirklich, eine ›liebenswerte, herzensgute Frau‹ ,die immer für alles gesorgt hat, man hatte ich es gut.
Natürlich hat sie auch wieder ihren Mädchennamen angenommen, ich weiß gar nicht zum wievielten Male, deshalb ist die letzte Mahnung auch an das Sozialamt zurückgekommen. Es ist schon eine ziemlich hohe Summe zusammengekommen, ich werde sicherlich bei ihr in guter Erinnerung bleiben und sie wird noch öfters an mich denken müssen als ihr lieb ist. Ich kann es nicht ändern, selbst wenn ich es wollte, was ich natürlich nicht will. Dazu hat mir diese Frau zu viel angetan.
Auch die Mitarbeiterin sagte mir, ich sollte zum Rechtsanwalt gehen und ihn mit der Klage beauftragen. Jetzt versuchte ich, ›das kleine Würstchen‹ es noch einmal und machte sie auf die Besonderheit im Bezirksamt aufmerksam. Die Grundsicherung gehört eigentlich nun nach SGB XII auch zum Sozialamt mit allen Rechten und Pflichten, also kann das Amt nun auch Unterhaltsforderungen einklagen, nur kennt sich vermutlich keiner aus, oder keiner hat Lust. Bei mir im Bezirksamt ist es aber so, dass die Grundsicherung zwar zum Sozialamt gehört, aber dem Wohnungsamt unterstellt ist. Es ist ein ›Politikum‹ meinten einige Mitarbeiter im Grundsicherungsamt, weil ein einzelner Herr, nämlich der Bezirksbürgermeister es so wollte, vielleicht blickt ja deshalb niemand durch und die Menschen bleiben auf der Strecke. Der Grundgedanke ist ja nicht schlecht, die Grundsicherungsempfänger sollten nicht mit den Sozialhilfeempfängern in Berührung kommen, man wollte uns die Scheu nehmen. Ich stelle mir ernsthaft die Frage ›Scheu vor WAS oder WEM‹ ,ich bin doch genau so arm dran wie alle anderen, habe ja zwei Jahre inmitten der Sozialhilfeempfänger zugebracht, ich hatte nie Scheu und wenn es um das Überleben geht ist sie sowieso am falschen Platze.
Nach dem ich das Politikum ansprach, war sich die Mitarbeiterin der Rechtsstelle gar nicht mehr so sicher, wer nun in Aktion treten muss und sie sagte mir ich bekomme Bescheid, ob ich mich darum kümmern muss. War das etwa ein ›Satzgewinn‹ für mich?
Ich war jedenfalls erst einmal froh wieder finanzielle Mittel in der Hand zu halten, denn ich brauchte sie dringend und um es gleich vorwegzunehmen, dass Geld für Februar wurde sogar überpünktlich auf meinem Konto überwiesen.
Da ich insgesamt mit der Abhandlung der Problematik überhaupt nicht zufrieden war, schrieb ich am Ende des Monates den Brief an den an den Leiter des Sozialamtes.
Brief an den Leiter des Sozialamtes vom 31. Januar 2005
Die vergessenen ehemaligen dauerhaft erwerbsunfähigen Sozialhilfeempfänger.
Sehr geehrter Herr Leiter des Sozialamtes
mir ist bekannt, dass ab 01.01.2005 neue Gesetze, für die bisherigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe und die erwerbsfähigen Bezieher von Sozialhilfe in Kraft getreten sind. Von diesen Neuregelungen bin ich aber nicht betroffen, da ich ›voll erwerbsgemindert‹ bin und deshalb nach SGB XII § 41 meine Sozialhilfe weiter beziehe.
Ich möchte mich mit meinem Anliegen an Sie wenden, weil ich einige Probleme und Sachverhalte nicht nachvollziehen kann.
Um es aber gleich vorwegzunehmen, ab Februar 2005 habe ich jetzt die Grundsicherung auf mein Konto überwiesen bekommen.
Am 23.12.04 wurde mir per Post ein Schreiben zugestellt, in dem ich aufgefordert wurde das Arbeitslosengeld II zu beantragen, eine Nachfrage bei der angegebenen Telefonnummer ergab, dass ich, wenn ich ›voll erwerbsgemindert‹ bin diesen Antrag nicht ausfüllen muss.
Alle dafür notwendigen Unterlagen (Bestätigung der LVA) sind im meiner Akte im Sozialamt schon seit dem Jahre 2001 enthalten und der Mehrbedarf zur Erwerbsunfähigkeit wurde auch schon immer gezahlt. Ich hatte schon das Gefühl, etwas wird schief gehen.
Es ist auch nicht so, dass ich mich nicht um die Formalitäten gekümmert habe, nur habe ich nie eine Antwort bekommen; so meine schriftliche Nachfrage am 23.11.2004 beim meiner Sachbearbeiterin, über den weiteren Bezug von Hilfe ab 01.01.2005 und auch zwei Nachfragen per E–Mail wurden nicht beantwortet.
Am 29.12.2004 begab ich mich deshalb persönlich zum Sozialamt, dort war man in der geöffneten Erstberatung im Haus 4 nicht in der Lage mir eine Auskunft zu geben. Die Mitarbeiterin in der Anlaufstelle für erwerbsunfähige Sozialhilfeempfänger im Haus 3, sah sich ebenfalls nicht in der Lage mir zu helfen, sie konnte mir lediglich mitteilen, dass kein Geld für mich angewiesene wurde. Durch sie wurde ich an den Gruppenleiter verwiesen, der eventuell helfen könnte. Er war auch ansprechbar und sagte mir ich solle am 3.1. oder 4.1.2005 wieder vorsprechen um die Sozialhilfe neu zu beantragen. Anträge für die Hilfe nach SGB XII waren zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorhanden.
Meine Vorsprache am 03.01.05 in der Information im Haus 3 zeigte das gleiche Bild wie im alten Jahr, die Mitarbeiterinnen waren mit meinem Anliegen ebenfalls überfordert. Um Sozialgeld zu bekommen, sollte ich erst einmal den Antrag auf ALG II stellen. Darüber hinaus wurde mir ein, jetzt vorhandener Antrag Grundsicherung nach SGB XII ausgehändigt. Als ich daraufhin mein Anliegen vorbrachte, dass ich ›voll erwerbsgemindert‹ bin und die Grundsicherung im April des Jahres bereits abgelehnt wurde, hat man mir gesagt, erst müsse ich diese beiden Anträge stellen und wenn die abgelehnt würden, könnte ich Sozialhilfe beantragen. Beide Schreiben, Erwerbsminderung und Ablehnung auf Grundsicherung habe ich hier auch vorgelegt. Da ich mit der Antwort nicht zufrieden war, sprach ich noch einmal bei Gruppenleiter vor, der aber an diesem Tag aufgrund von Besprechungen keine Zeit hatte, er sage, dass ich am nächsten Tag noch einmal vorsprechen sollte.
Frustriert ging ich in das Haus 9 um ALG II zu beantragen, brachte mein Anliegen vor und der Antrag wurde ausgefüllt. Danach ging ich zum Grundsicherungsamt und füllte dort den Antrag auf Grundsicherung aus.
Am 04.01.05 erschien ich dann wieder beim Gruppenleiter und teilte ihm mit was ich bisher gemacht habe um an meine finanziellen Mittel zu kommen. Er schickte mich dann, nach Rücksprache mit der Gruppenleiterin des Grundsicherungsamtes in das Grundsicherungsamt. Dort habe ich am 04.01. den Antrag auf Grundsicherung nach SGB XII noch einmal ausgefüllt, da meine Akte noch im Archiv vorhanden war, stelle der neue Antrag kein großes Problem dar hatte ich den Eindruck.
Froh darüber jetzt den richtigen Ansprechpartner gefunden zu haben und mit der Zusicherung man wolle mir erst einmal kurzfristig mit einem Scheck helfen verließ ich das Amt.
Da ich bis zum 10.01.05 keinen Anruf oder Information vom Grundsicherungsamt bekam, rief ich bei meinem Sachbearbeiter an, er meinte der Antrag befindet sich noch zur Bearbeitung bei der Gruppenleiterin. Da ich nun Probleme bekam, meine Ausgaben ( Praxisgebühr, Medikamente und Stromlieferung ) zu bezahlen rief bei ihr an und informierte mich. Sie sagte mir zu, dass ich am nächsten Tag den Scheck abholen kann. Das hat dann auch geklappt.
Das Problem was sich für mich nun ergibt ist, dass die finanziellen Mittel nur für ein halbes Jahr übernommen werden und bis dahin muss ich nun bestimmte Auflagen refüllen.
1. Suchen von angemessenen Wohnraum
2. Klärung des Unterhaltsanspruches gegenüber meiner Ex–Ehefrau
zu 1. Im Jahre 2002 wurde mir aufgrund meiner Erkrankungen vom Sozialamt mitgeteilt, dass die Kosten für die Wohnung in tatsächlicher Höhe übernommen werden. An meiner gesundheitlichen Situation hat sich auch jetzt nichts geändert, im Gegenteil, ich bin nunmehr zu 100 Grad schwerbehindert und habe das Merkzeichen ›G‹. Meine Begründung die ich im Jahre 2002 eingereicht habe ist nach wie vor aktuell und liegt in meiner Akte.
zu 2.
Die Problematik des Unterhalts wurde im Jahre 2004 von meinem Rechtsanwalt an das Sozialamt zurückgegeben, vom Sozialamt wurde mir Schreiben mitgeteilt, dass der Unterhaltsanspruch vom Sozialamt selbst übernommen wird, also sah ich für mich keinen Handlungsbedarf. Bei einer Rücksprache mit der Mitarbeiterin der Rechtsstelle des Sozialamtes wurde mir nun mitgeteilt, dass ich erst einmal nichts unternehmen solle, sie wird mich bis Mitte Februar informieren, wie es weitergeht.
Ein weiteres Problem, für dass ich keinen Ansprechpartner gefunden habe ist; mein Antrag auf die Übernahme von Zahlung der Rentenbeiträge für das Jahr 2004.
Mir fehlen noch 9 Monate Beiträge um mit 60 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen zu können.
Die Beiträge für das Jahr 2003 wurden vom Sozialamt übernommen und für die Zahlungen 2004 sollte ich eine Bestätigung der LVA über den Sachverhalt erbringen, was ich auch tat. Dem Sozialamt liegt ein entsprechendes Schreiben vor, ebenfalls über die Rentenhöhe. Mir wurde mitgeteilt, dass ich ja bald Grundsicherung bekäme und dann diese Beiträge selbst bezahlen kann. Ich legte Widerspruch ein und die Grundsicherung wurde damals im April 2004 abgelehnt, weil die Unterhaltsansprüche nicht geklärt waren.
Mit meiner Sachbearbeiterin habe ich dann vereinbart (schriftlich), dass ich den Antrag im November 2004 noch einmal stellen sollte. Was ich auch tat.
Ich habe volles Verständnis, dass es zu Problemen bei einer solchen großen Umstellung kommen kann, es sind eben oftmals die Kranken und Behinderten die dann vor Problemen stehen.
Auf Grund meiner Schwerbehinderung und gesamten gesundheitliche Situation kann ich mich nicht ständig mit dieser Problematik befassen, es ist mir nicht möglich aller halben Jahre neue scheinbar unüberwindbare Problem vor mir zu sehen. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen liegen dem Sozialamt ebenfalls vor. Auf Anlagen habe ich verzichtet, weil sie in der Akte vorhanden sind, wenn notwendig reiche ich diese nach.
Ich hoffe mich an die richtige Stelle gewandt zu haben, sonst bleibt mir nur noch übrig mich an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses zu wenden, da ich aufgrund meiner Erkrankungen solche psychischen und physischen Belastungen nicht ständig durchstehen kann.
Ich bitte um Überprüfung der aufgeführten Sachverhalte.
Mit freundlichen Grüßen
Henry Ullmann
und wenn bis Mitte Februar keine Antwort eingeht schreibe ich einen Brief an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses zu Berlin.
Nach soviel Bürokratie ist die Gesundheit wieder dran, denn ich bekam den Anruf von der Röntgenabteilung der Charité zwecks Terminabsprache, Kernspintomographie hatte ich noch keine gehabt, also machte ich mich erst einmal im Web sachkundig, ja klang ja nicht so gefährlich, keine Strahlenbelastung und in eine Röhre wird man da geschoben, ich ließ mich überraschen.
Wie immer war ich etwas eher da und mir wurde gleich ein Zugang in die Vene gelegt, für das Kontrastmittel, was nicht so spannend war.
Ich musste zum Container gehen, der hat aber mit › Brother‹ nix zu tun, erliegt etwas außerhalb der Poliklinik.
Es war soweit, wieder eine nette MTA die mir die Einwilligungserklärung gab, die ich ausfüllte. Fragen hatte ich keine, musste alle metallenen Gegenstände ablegen, vor allem auch die Scheckkarte, weil die sonst gelöscht wird, es gab zwar bei mir nix zu löschen, dann musste ich mich lang auf die Pritsche legen. Das fiel mir schon ziemlich schwer mit dem Bechterew, der Kopf wurde in einem Gestell fixiert und ich durfte mich nicht bewegen. Die Röhre hatte ich mir vorher gar nicht angesehen, die MTR sagte noch es wird laut werden und dauert ca. 20 Minuten. Mit hinein durfte ich ein paar Kopfhörer und eine Klingel nehmen, der Kopfhörer war aber nicht zum Musik hören, sondern als Schallschutz gedacht. Dann schob sie mich in die Röhre, diffuses Licht und eine ungeheure Enge umfing mich, 20 Minuten, das kann ja heiter werden. Man musste sich beherrschen um keine Platzangst zu bekommen, ich versuchte mich sofort durch Gedanken abzulenken um bloß keinen Hustenanfall oder Niesanfall zu bekommen, aber es ging alles gut.
Es war, wie angekündigt sehr laut, es knallte und ratterte häufig und ich hatte schon das Gefühl durch Magnetströme zu fahren. Ich dachte daran, wenn du hier wieder raus bist gönne ich mir einen Kaffee und ein Buttercrossant, so machte ich es auch. Befund gab es natürlich so schnell keinen, also bis Montag zur Auswertung bei meiner Ärztin.
Diese Woche gab es noch eine schöne Überraschung, natürlich hatte ich es meiner Familie gesagt, mit dem Befund bei der CT und sie beschlossen mich am Wochenende in Berlin zu besuchen. Am Sonnabend kamen Mutter, Schwestern, Tante und Schwager mit dem Zug angefahren, zu fünft mit Wochenendticket, gegen 12 Uhr traf ich mich mit ihnen am Alex an der Weltzeituhr. Wir spazierten zum Nikolaiviertel, dem ehemaligen Zentrum von Ostberlin und besuchten dort ein Lokal um Mittag zu essen, denn 16 Uhr fuhr der Zug schon wieder zurück nach Bautzen. Ich habe mich über den Besuch riesig gefreut, hatte ja die Auswertung noch vor mir, aber die spielte, jedenfalls nach außen, keine Rolle.
Bevor ich weiter schreibe möchte ich noch ein paar Gedanken äußern, ich denke es ist wichtig zur Beurteilung des Verhältnisses, zu den Menschen die in meinem nahen Umfeld leben. Eigentlich ist allen bekannt, von was ich lebe und sie haben damit keine Probleme, ich am Allerwenigsten. Deshalb fasse ich Gesten, welcher Natur auch immer, als Bestätigung zu meinem neuen Leben auf. Es geht hier auch nicht um Geldbeträge, sondern um Kleinigkeiten, die für mich aber sehr wichtig sind und mir zeigen wie die Menschen zu mir stehen. Besuche oder Treffen, welche fahren fast an meiner Wohnung vorbei und schauen nicht herein, welche die sonst eher nicht bei mir vorbeigekommen sind, kommen vorbei. Bei Einladungen wird mir schon einmal eine Roulade eingepackt, oder eine Tüte mit Süßigkeiten mitgegeben, ein verbindliches Wort, auch zu meiner Internetdokumentation oder ein Eintrag im Gästebuch meiner Website, ein paar Mozartkugeln direkt aus Salzburg, ein Gebet für mich. Sicherlich gibt es noch mehr aufzuzählen, wenn man will kann man mir mit Kleinigkeiten, große Freude bereiten. Was ich überhaupt nicht will, wenn man versucht »mir zuliebe« etwas zu tun, nein danke kann ich da nur sagen.
Ich habe besonders in den letzten fünf Jahren gelernt, feinfühlige Unterscheidungen zu treffen, schade nur, dass man dazu erst Krebs bekommen muss, Krebs schärft nämlich auch das Gehirn und seine Umwelt kann man viel bewusster wahrnehmen, aber zu pingelig sollte man auch nicht sein.
Der Tag der Entscheidung nahte und ich hatte Termin bei meiner Rheumatologin, die sozusagen die Koordination für die Untersuchungen in der Hand hielt, was sie gut managte. Ich musste etwas warten und dann begrüßte sie mich, lächelnd, konnte das ein gutes Zeichen sein, ja es war es. Auch sie war erleichtert, aber es war nicht alles in Ordnung. Mein Optimismus wurde also schon wieder einmal gedämpft, bei der MRT wurde eine chronische Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) diagnostiziert. Als meine Mutter das hörte sagte sie spontan, »Die Nase konntest du noch nie richtig putzen!«, das habe ich geahnt, dass diese Äußerung so kommt.
Ein anderes Problem was mich seit einiger Zeit bewegt, oder besser was mir zu schaffen macht, ich bekam ein Hautekzem, was Kopf, Hände, Füße und andere Stellen am Körper befallen hat und auch schon nach außen sichtbar war. Vor allem bekam ich sehr starken Haarausfall. Nun ist ja so ein Ekzem nicht immer gleich ›tödlich‹ , aber ich kannte mich damit sehr gut aus.
Es ist nun über 20 Jahre her, die Hautklinik war noch in einem anderen Gebäude der Charité untergebracht und ich wurde für ca. ein Jahr Stammgast, d.h. ich musste immer wieder »einrücken«, weil nach kurzer Besserung, ein mykologisches Ekzem immer wieder massiv zum Ausbruch kam, die Zeit war entsetzliche. Es war keine Heilung in Sicht und auch die Zustände in der Hautklinik waren nicht gerade für die Genesung hilfreich, denn zur damaligen Zeit lagen noch bis zu 8 Patienten auf einem Zimmer, manchmal wurden auch noch Notbetten aufgestellt. Die Betreuung war aber in Ordnung und Spaß gab es auch eine Menge. Dort kam ich auch zum ersten Mal mit der Ergotherapie in Berührung, die damals vielleicht anders hieß und ich erlernte die hohe Kunst des Makramees, also das kunstvolle Knüpfen von Fäden und Stricken, ich glaube ich habe meiner Tochter sogar eine Tasche gemacht, war damals groß in Mode. Es wurde nicht nur äußerlich geheilt in Form von Salben, Wässerchen und Bädern, sondern beim täglichen Ausgang auch mal mit einem Bier.
So wie das Ekzem kam, so plötzlich ging es wieder weg, die Ärzte meinen damals es käme vom Kopf. Ich hatte auch zum damaligen Zeitpunkt einiges an Stress auf der Arbeit zu überstehen und aufgrund der einjährigen Krankheit konnte ich einige Maßnahmen nicht so wie geplant durchgeführt, z.B. ein fünfjähriges Fernstudium zum Diplomjuristen. Später machte ich ein dreijähriges Fernstudium unter großem Kraftaufwand zum Juristen. Leider ist heute ist beides ›für die Katz‹ , genau wie vieles andere auch. Für mich privat hat es allerdings einen Vorteil, Auseinandersetzungen mit Behörden oder Ämtern bringen mich nicht in Verzweiflung.
In meiner jetzigen Situation gab es ja auch viele Probleme, die mich kopfseitig stark beschäftigen, gesundheitlicher wie auch sozialtechnischer Natur und die von den Politiker, so oftmals zelebrierte ›Sozialromantik‹ war im ›Arsch‹ , deshalb kam mir das alles schlagartig wieder in den Sinn.
Meine Ärztin überwies mich in die Hautklinik und zur HNO – Poliklinik, hier hat die Charité ein Gutes, man bekommt einen Termin schneller, weil es von Klinik zu Klinik geht und man sich nicht selbst um den Termin bemühen muss.
Bevor die HNO – Problematik nicht abgeklärt ist, gab es auch keinen neuen Infusionstermin in der Rheumaklinik, ließ mich meine Ärztin noch wissen. Die Remicade – Therapie wird nicht gemacht, wenn Probleme vorliegen, die eine Schwächung des Immunsystems zur Folge haben können, weil die Infusion das System erheblich belastet. Die Therapie kostet immerhin ca. 26 000 Euro im Jahr und es gibt wohl zurzeit nur 300 Patienten die diesen Cocktail in der Berliner Charité verabreicht bekommen. Kann ich mich doch glücklich schätzen und ich glaube es hilft wirklich den Bechterew einigermaßen in den Griff zu halten.
Zwei Tage später war schon der Termin in der Hautklinik, ich hatte Mühe mir noch die Überweisung vom Hausarzt zu besorgen. Es muss ja alles seine Richtigkeit haben, da komme ich auch in der Charité nicht daran vorbei. Die Hautklinik ist nicht mehr dort wo sie vor 20 Jahren war und der Arzt war ein Chinese, er sah jedenfalls so aus und hatte auch einen so klingenden Namen Doktor Lee, besondere Kennzeichen, immer in Eile und etwas zerstreut. Er war begeistert als er mich sah, er holte sofort den Fotoapparat um die entsprechenden Stellen zu dokumentieren, zudem entnahm er noch eine Hautprobe (Biopsie), die unter lokaler Betäubung erfolgte. Dadurch kann man bestimmte Krebsformen nachweisen. Mit paar Stichen nähte er die Stelle wieder zu. Er arbeitete eng mit der Rheumaklinik zusammen, scheinbar sind Hautausschläge keine Seltenheit bei gewissen Rheumamittel. Er sah auch gleich noch einen Leberfleck, der ›beobachtenswert‹ ist wie er meinte. Na das konnte ich ja nun überhaupt nicht gebrauchen.
Er stellte insgesamt drei verschieden Ekzeme fest, die sich auf Kopf, Rumpf und Hände/Füße verteilten.
Sicher ist, dass es sich beim Kopf um eine so genannte seborrhoische Dermatitis handelt. Sie macht sich durch große, gelbliche Schuppen, Juckreiz und gerötete Kopfhaut bemerkbar, genau wie es bei mir zutraf. Die Therapie bestand in salben und ölen, nach besonderen Rhythmen, er schrieb zwar nicht Chinesisch, aber zu lesen war es im Nachhinein trotzdem nicht, sodass ich mir in meiner Apotheke erst mal einiges deuten lassen musste. Er meinte, Ekzeme sind eine langwierige Angelegenheit, was ich ja aus eigener Erfahrung bestätigen konnte. Leider wurden die weinigsten Mittel von der Kasse bezahlt, ich musste kräftig schlucken, als ich die Preise sah. Ich hatte die Wahl nehmen oder nicht, denn oftmals wirken sie ja nicht und man hat das viele Geld bezahlt, ich nahm sie und hielt mich an die Therapieanweisungen.
Der erste Erfolg stellte sich auf dem Kopf ein, ich ölte meine Kopfhaut ein und verbrachte den Tag unter einer ›modische Duschhaube‹ aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts gewesen sein muss. Die mir Mutter beim letzten Besuch zu ihrem Geburtstag dankenswerterweise zur Verfügung stellte. Gut wenn nichts voreilig weggeworfen wird, es kommt der Tag wo es gebraucht wird.
Die Gewebeproben ergaben nichts schlimmes, auch keine Neurodermitis, der Ausschlag ist da. Als Ursache benannte er, die Immunsystemschwäche durch die Remicade – Therapie und der Stress mit den Behörden. Ich kann nun jeden Montag am Vormittag beim chinesischen Doktor vorbeikommen. Und ich habe schon wieder so eine böse Vorahnung, als ob ich die Sache wohl nicht so schnell in den Griff bekomme.
Der Termin in der HNO – Klinik war paar Tage später anberaumt worden, da ich keine Auflagen erhielt etwas mitzubringen, nahm ich nur den Befund der MRT mit. Das ist eines der nicht so angenehmen Begleiterscheinungen in der Charité, man hat mit Assistenzärzten zu tun, jeder sieht es etwas anders und noch schlimmer ist, dass man immer bei einem anderen Arzt landet, ich wurde gleich wieder an die wechselnden Sachbearbeiter im Sozialamt erinnert.
Nachdem ich den Befund vorgelegt und meine Beschwerden geschildert hatte, schaute er mir in die Nase mit diesem langen, leuchtenden Endoskop, es gibt schlimmeres, obwohl er doch bald im Gehirn gewesen sein muss, so tief wie der drin war.
Er konnte nichts feststellen und ich bekam einen neuen Vorstellungstermin, dieses Mal mit den Bildern der CT, anderer Arzt, auf den Bildern konnte er auch nichts feststellen, auch er schaute wieder in die Nase und fragte mich wieso ich die Aufnahmen der MRT nicht mitgebracht habe. Der vorhergehende Arzt, den ich extra danach gefragt habe, meinte diese Aufnahmen sind nicht notwendig. Also steht man erst einmal wieder da, da er nix erkennen konnte sollte noch eine CT vom Kopf, speziell Nasenhöhle gemacht werden.
Die neuerliche CT des speziellen Nasenbereiches wurde ohne Kontrastmittel durchgeführt und die Bilder bekam ich gleich mit. In der HNO Klinik wurde nun bestätigt dass ich eine chronische Sinusitis habe und der Arzt bot mir eine Operation an. Er wollte aber, dass ich vorher noch ein kortisonhaltiges Nasenspray zur Anwendung bringe und in vier Wochen sollte ich wieder vorsprechen. Das Nasenspray half nicht, es half mir nur meine Zuzahlungsbefreiung zu bekommen und bei meiner Diabetologin brachte es mir einen bösen Blick ein. Da aber mein Zucker ziemlich gut eingestellt ist, warf mich das nicht aus der Bahn.
Der HNO – Arzt gab mir auch grünes Licht für die schon um einen Monat verschobene Remicade – Therapie in der Rheumaklinik.
Ich hatte wieder Zeit um mich um die Ämter zu kümmern. Mir kreiste immer noch der Bescheid vom Grundsicherungsamt im Kopf herum, der mit dem Darlehn, eigentlich sollte ich dagegen noch einen Widerspruch formulieren, damit mich dort ja keiner vergisst.
Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.01.2005 über die Gewährung eines Vorschusses auf Leistungen nach SGB XII viertes Kapitel
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich Widerspruch gegen den oben genannten Bescheid ein.
Begründung:
Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum ich nur einen ›Vorschuss‹ bekomme begrenzt für ein halbes Jahr.
Ich bekomme seit 2002 fast durchweg Sozialhilfe und kann diese Verfahrensweise nicht verstehen. Die besondere Zuordnung des Grundsicherungsamtes im Bezirksamt mag zwar seine Richtigkeit haben, aber dadurch können doch dem Bürger keine solchen Nachteile erwachsen.
Zu der Forderung ›Unterhaltsklage gegenüber meiner geschiedenen Ehefrau‹ ist festzustellen, dass hier dem Amt das Schreiben des Sozialamtes vorliegt, aus dem hervorgeht, dass die Unterhaltsforderung von Sozialamt vorgenommen wird ist für mich immer noch verbindlich, denn das Sozialamt ist ja immer noch vorhanden.
Bezugnehmend auf die Forderung ›Suche einer preislich vertretbaren Wohnung‹, mir ist vollkommen klar, dass meine Wohnung nicht angemessen ist. Dazu gibt es ein Schreiben vom Sozialamt, das die Kosten in der tatsächlichen Höhe übernommen werden. Meine damalige Begründung dazu liegt dem Grundsicherungsamt ebenfalls vor.
Ergänzend dazu möchte ich mitteilen, dass sich mein Grad der Behinderung auf 100 erhöht hat und ich nunmehr auch das Merkzeichen ›G‹ besitze.
Weiterhin bin ich aufgrund meiner Erkrankungen nicht in der Lage solcher psychischen und physischen Belastung auf Dauer zu widerstehen.
Zum gesamten Sachverhalt, insbesondere über die Verfahrensweise mit den ehemaligen ›dauerhaft erwerbsunfähigen‹ Sozialhilfeempfängern habe ich einen Brief an den Leiter des Sozialamtes gesandt.
Mit freundlichen Grüßen
Henry Ullmann
Ich brachte ihn persönlich vorbei, Schreiben an die Ämter können mich nun wahrlich nicht mehr erschüttern. Zwischendurch habe ich auch vom Sozialamt auf meine Anfrage eine Antwort bekommen, aber nicht vom Leiter, sondern von einer Mitarbeiterin.
Ihre Nachfrage zum Sozialhilfebezug und zum Antrag auf Zahlung der Rentenbeiträge für das Jahr 2004
Sehr geehrter Herr Ullmann, auf Ihre Nachfrage vom 03.02.2005 gebe ich Ihnen folgende Hinweise:
1. Bis zum 31.12.2004 waren Ihnen Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt worden. Ihrem Schreiben entnehme ich, dass Ihnen seit Januar 2005 nunmehr Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB VII durch das Amt für Grundsicherung und Wohnen gewährt werden. Ihr laufender Lebensunterhalt dürfte deshalb durch diese Leistungen gedeckt sein.
Soweit das Grundsicherungsamt Ihnen im Rahmen der Leistungsbewilligung Auflagen erteilt hat, müssen Sie deren Erfüllung mit der Grundsicherungsstelle klären. Das Sozialamt kann Ihnen dabei nicht behilflich sein.
Rein informatorisch gebe ich Ihnen zu bedenken, dass nach § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nur die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII übernommen werden. Soweit das Sozialamt in der Vergangenheit überhöhte Unterkunftskosten im Rahmen des Sozialhilfebezuges nach dem Bundessozialhilfegesetz akzeptiert hat, wirkt dies nicht für die gegenwärtige Gesetzeslage fort. Aus meiner Sicht ist nicht zu beanstanden, dass das Amt für Grundsicherung und Wohnen Sie zu Bemühungen um angemessenen Wohnraum auffordert.
Allerdings könnten Sie sämtliche Umstände, die ein Verbleiben in der Wohnung erfordern, geltend machen und das Amt für Grundsicherung und Wohnen hätte dann in entsprechender Anwendung des § 29 Abs. 1 Satz 3 SGB XII zu prüfen, ob Ihnen ein Wohnungswechsel oder eine Senkung der Unterkunftskosten auf anderem Wege zuzumuten ist.
Ähnliches gilt für die Unterhaltsangelegenheit. Auch dies ist eine Rechtsfrage, die das Amt für Grundsicherung und Wohnen in eigener Zuständigkeit beantwortet. Soweit nach dortiger Auffassung ein Unterhaltsanspruch gegen Ihre vormalige Ehefrau weiteren Grundsicherungsleistungen entgegensteht, empfehle ich Ihnen, diese Unterhaltsangelegenheit nun möglichst kurzfristig zu klären.
2. Ihr Antrag auf Zahlung der Rentenbeiträge für das Jahr 2004 vom 23.11.2004 liegt hier vor. Ich habe nunmehr diesen Antrag der jetzt zuständigen Bearbeiterin zugeleitet. Dieser Antrag wird nun kurzfristig geprüft und Sie werden in Kürze darüber einen gesonderten Bescheid erhalten.
Ich hoffe, dass ich die von Ihnen mit Ihrem Schreiben vom 03.02.2005 aufgeworfenen Fragen erschöpfend beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Die Antworten befriedigten mich nicht, dieser Irrlauf vom Jahresanfang wurde überhaupt nicht erwähnt und wahrscheinlich als normal betrachtet. Auf die Entscheidungen die das Sozialamt in der Vergangenheit getroffen hat, bezüglich Unterhalt und Wohnung, wurde überhaupt nicht eingegangen. Die müssen doch deine Akte Januar vernichtet haben, die wussten von nichts mehr, schoss es mir durch den Kopf. Sie sind nicht mehr zuständig für mich, so einfach ist eben.
Die Rentenproblematik wollte man aber klären, komisch hier auf einmal sahen sie Handlungsbedarf, verstehe die Welt wer will, mir fällt es immer schwerer, Hauptsache die Politiker können sich anerkennend auf die Schulter klopfen.
Da ich mit der Antwort völlig unzufrieden war und mir es wieder so vorkam, als ob jeder die Verantwortung weiter schiebt, wurde ich Mitte Februar beim Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses vorstellig. Mich empfing ein Mitglied der FDP – Faktion des Abgeordnetenhauses, er machte einen aufgeschlossenen Eindruck und ich konnte mein Anliegen vorbringen. Ich hatte alle Schreiben, Widersprüche und Unterlagen dabei, gab alles ab und einige Zeit später bekam ich vom Petitionsausschuss ein das mein Problem in Klärung ist. Wieder was auf den Weg gebracht dachte ich mir und ich staunte nicht schlecht, als ich vom Sozialamt Bescheid bekam, dass meine Rentenbeiträge für 2004 übernommen werden.
Diese wurden auch gleich vom Sozialamt an die LVA überwiesen, nun war das ausgestanden und ich konnte mit 60 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen. Der Kampf hat sich also gelohnt und ich muss hier immer wieder an Menschen denken, die, aus welchem Grund auch immer, nicht in der Lage sind, sich gegen Ämter und Behörden durchzusetzen. Es äußerst traurig wie es in dem Staat zugeht.
Nachdem die Geburtstagsfeier bei Mutter in Bautzen vorbei war, fuhr ich gleich wieder nach Berlin zurück, es war wie immer schön, aber ich blieb nur paar Tage. Meine Probleme mit dem Kopf und dem Ekzem belasteten mich schon, aber für zweimal Doppelkopf mit Mutter und Schwestern reichte es trotzdem und am folgenden Wochenende fand im Berliner ICC die 1.Offene Krebskonferenz statt und dort wollte ich natürlich teilnehmen. Konnte dort im letzten Jahr einen kostenlosen PSA – Test machen lassen.
Auf der Krebskonferenz bot ich mich, bei den Gründern der ›Gemeinnützigen Volker Karl Oehlrich – Gesellschaft e.V‹ an, im Krebskompass, eine Website die mehrfach als bestes deutschsprachiges Krebsinformations–Portal ausgezeichneten wurde, mitzuarbeiten, obwohl ich bald merkte, dass mir das Schreiben in Foren nicht wirklich Freude macht. Die ›selbst ernannten Experten‹ die sich dort tummeln sind nicht meine Welt.
Meine Augenprobleme aus dem letzten Jahr, diese massive Iritis, machten es notwendig öfters bei meiner Augenärztin vorstellig zu werden. Obwohl ich wieder ziemlich gut sehen kann, was sie immer wieder erstaunt, aber trotzdem erhielt ich eine neue Botschaft, sagte sie wirklich »in mir tickt eine Zeitbombe«. Ich sollte mich sofort, zu ihr oder in die Augenklinik begeben, wenn ich irgendetwas am Auge verspüre. Noch so eine massive Iritis könnte ich nicht verkraften. Das Schlimmste für mich wäre nicht mehr mit voller Kraft am PC zu schreiben.
Mitte März habe ich, da bisher keine Antwort auf den Widerspruch vom Grundsicherungsamt eingegangen ist, nicht einmal eine Bestätigung des Eingangs, eine Nachfrage gestartet. Es waren immerhin schon 1 ½ Monat vergangen.
Nachfrage zum Widerspruch und zur weiteren Verfahrensweise der Sicherung meines Lebensunterhaltes
Sehr geehrte Sachbearbeiter Herr .....,
leider habe ich auf meinen Widerspruch vom 03.02.05 bisher keine Antwort erhalten.
Ich möchte deshalb noch einmal Nachfragen, wie die weitere Verfahrensweise ist und hier folgende Punkte anführen.
1. Auf schriftliche Nachfrage beim Leiter des Sozialamtes wurden nun die restlichen Beiträge an meinen Rentenversicherungsträger gezahlt, so dass ich mit 60 Jahren ohne Abzüge in die ›Altersrente für schwer behinderte Menschen‹ gehen kann. Damit könnte ich dann einen Teil meinen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Verwunderlich war für mich, dass sich hier das Sozialamt noch Zuständig fühlte.
2. In der Unterhaltsproblematik gegenüber meiner geschiedenen Ehefrau wurde offensichtlich nichts geklärt, obwohl mir hier die Rechtsstelle des Sozialamtes Bescheid über die weitere Verfahrensweise geben wollte, erwartungsgemäß erfolgte hier keine Information. Ich werde jetzt mit meinem Rechtsanwalt einen Termin vereinbaren. Er wird natürlich die Kostenfrage in den Vordergrund stellen, denn obwohl ich Prozesskostenhilfe beantragen kann, wird diese nur wirksam wenn die Unterhaltsklage Erfolg hat. Zur Klärung der Kosten wird er sich an das Grundsicherungsamt wenden und es müsste dann eine Entscheidung über Kostenübernahme erfolgen. Dass der Unterhalt nicht schon im Rahmen der Ehescheidung verhandelt werden konnte, liegt ja auch darin begründet, dass das Sozialamt die Klärung der Unterhaltsansprüche übernehmen wollte. Auch die bisher unternommenen Aktivitäten des Sozialamtes sprechen doch hier dagegen, dass nun die Arbeit noch einmal von meinem Rechtanwalt durchgeführt wird.
3. Zur Problematik, ›Suche von preislich vertretbaren Wohnraum‹ möchte ich auf mein Schreiben, welches sich in Ihren Unterlagen befindet, hinweisen. Da ich nicht in der Lage Tätigkeiten zu verrichten die im Rahmen eines Umzuges notwendig sind. Auch ist es mir nicht immer möglich meine Wohnung ohne Probleme zu verlassen und deshalb ist die Suche nach einer preislich vertretbaren Wohnung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Als Anlage füge ich meinen aktuellen Bescheid vom Versorgungsamt über die Feststellung der Behinderung bei.
Ich würde Sie bitten mir mitzuteilen, welche Kosten das Grundsicherungsamt ab 01.07.05 übernehmen würde, falls ich nicht in der Lage bin mir preislich vertretbaren Wohnraum zu suchen.
4. Des Weiteren bitte ich Sie mich zu informieren, welche Anträge ich wo und wann stellen muss um ab 01.07.05 weiter Grundsicherung zu erhalten um nicht wieder solche Probleme wie am Jahresanfang zu bekommen.
5. Weiterhin möchte ich Sie informieren, dass ich mich mit meiner gesamten Problematik an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses gewandt habe. Weil ich auch aufgrund meiner gesundheitlichen Gesamtsituation gegenwärtig nicht in der Lage bin mich ständig mit dieser Problematik zu befassen. Eigentlich war bis Ende 2004 alles geklärt und nur weil es hier im Bezirk einige Besonderheiten gibt, die ja dem Bürger dienen sollten, können doch gelöste Probleme nicht wieder als ungelöste auftauchen.
Am 23.03.2005 werde ich auch den Bezirksbürgermeister von Treptow Köpenick mit dieser Problematik konfrontieren, vielleicht kann er mir die Vorteile der Trennung der beiden Ämter erklären.
Mit freundlichen Grüßen
Henry Ullmann
In der Poststelle des Wohnungsamtes war nichts über einen Widerspruch bekannt, mich hat es nicht weiter interessiert und gab die Nachfrage ab. Ich dachte bei mir, einer wird sich schon melden, das halbe Darlehn – Jahr ist ja noch nicht zu Ende. Es dauerte, ich glaube nur zwei Tage und die Leiterin des Wohnungsamtes rief mich an um einen Termin zu vereinbaren. Natürlich standen die beiden Probleme; Wohnungsgröße und Unterhaltsverpflichtung im Vordergrund. Sie wollte mich aber auch persönlich kennen lernen, sagte sie jedenfalls.
Der Termin war am Gründonnerstag, ich dachte sofort an das letzte Silvester und hoffte nicht wieder problembeladene Feiertage verbringen zu müssen. Zum Termin bereitete ich mich entsprechend vor, die Leiterin war keine unsympathische Person und hörte mir erst einmal zu, dann brachte sie ihre Argumente vor.
Leider wird man nicht als Hundertprozentig – Schwerbehinderter – Erheblich – Gehbehinderter, sondern als ein Zuviel – Wohnraum – Besitzender Mensch gesehen.
Sie hatte auch schon eine Wohnung für mich freigehalten und würde alle Kosten übernehmen. Die Wohnung, zwei Zimmer 43 m², ist natürlich wesentlich kleiner als meine jetzige Wohnung und liegt noch unter der mir zuerkannten Wohnungsgröße von ca.50 m². Natürlich ist die Miete billiger, aber verglichen mit meiner jetzigen Wohnung liegt der Preis pro m² wesentlich höher.
Ich hatte allerdings auch nicht den Eindruck, dass ich ›Hals über Kopf‹ umziehen bzw. ausziehen muss. Zu diesem Problem, wollte sie nun alle ›Pro und Kontra‹ abwägen, d.h. die Kosten und den Nutzen, denn in reichlich drei Jahren bekomme ich Rente und ich erklärte mich auch bereit, den mir zustehenden Nachteilsausgleich von 58 Euro für die Kaltmiete aufzuwenden. Meine Wohnung kostet ca. 250 Euro Kaltmiete, plus 25 Euro Modernisierungskosten und zustehen tun mir 220 Euro. Wo genau die Modernisierungskosten angesiedelt sind muss ich noch feststellen, dann wenn sie mit in die Kaltmiete fallen würden, brauchten sie ja nicht als Extraposten aufgeführt werden.
Nun kam noch das zweite Problem, die Unterhaltsforderungen gegenüber meiner Ex – Ehefrau im Beamtenstatus. Ich brachte natürlich erst einmal mein Unverständnis zum Ausdruck, warum diese Angelegenheit nicht im Rahmen der Scheidung durchgesetzt wurde, der Vorsorgeausgleich wurde ja auch entschieden, dass war für sie auch nicht so richtig nachvollziehbar. Es hätte schon alles geklärt sein können und das Sozialamt / Grundsicherungsamt hätte das Geld bekommen. Auf die Frage, ob ich mich nun bei meinem Rechtsanwalt darum kümmern muss, sagte sie, »Das Sozialamt wird den Unterhalt für die Jahre 2002 bis 2004 einklagen und das Wohnungsamt ab 01.01.2005 Klage einreichen«, und ich hoffe es ist definitiv. Ich habe trotzdem ein ungutes Gefühl, denn meine Ex – Frau hat schon wieder von irgendwelchen ›Ländereien‹ , die in meinem Besitz sein sollen, auch gegenüber dem Sozialamt, gesprochen.
Die Leiterin des Wohnungsamtes ist mit mir so verblieben, dass ich mich nach dem Besuch beim HNO – Arzt in der Charité bei ihr melden soll. Zum Abschluss teilte ich ihr noch mit, dass ich mich mit der Problematik bereits an den Petitionsausschuss gewandt habe, daraufhin antwortete sie, dass sie damit kein Problem hat, ich aber auch nicht. Den Termin beim Bezirksbürgermeister habe ich erst einmal zurückgestellt und den Widerspruch natürlich aufrecht gehalten.
Jetzt hatte ich über Ostern Zeit mich mit der Problematik auseinanderzusetzen. Mir wurde sofort unwohl, wenn ich an den Umzug dachte, war ich doch in meiner Bewegung eingeschränkt, obwohl mir versprochen wurde alles zu machen, aber was ist alles und da kamen mir Bedenken. Sicherlich würde der Aus– und Einzug realisiert werden und auch die Übergabe der Wohnung, aber dann sitze ich in der neuen Wohnung, denn mit aus– und einräumen ist ja ein Umzug bekanntlich nicht getan. Davor hatte ich regelrecht Angst, dazu kommen ja auch noch die gesundheitlichen Probleme, die nicht nur mal so nebenbei zu lösen sind. Ich wolle aber auch erst den Termin in der HNO – Klinik abwarten. Ostern war zwar nicht ganz so traurig wie Silvester, aber doch schon etwas getrübt, da half auch kein ›Osterwasser‹ so richtig.
Deshalb gönnte ich mir etwas Kultur, ich hatte schon immer vom ›Jedermann‹ gehört und am Karlfreitag, war neben Bibelfilmen und andern Actionfilmen nix im Fernsehen zu finden, so kam mir die Idee die Aufführung des Stückes von Hugo von Hofmannsthal in 3Stat anzusehen. Es gibt ja viele Schauspieler die es als Königsdisziplin betrachten, einmal den ›Jedermann‹ zu spielen und davon wollte ich mich überzeugen. Die Aufführung war aus dem Jahre 2004 vom Salzburger Domplatz, mit Peter Simonischek als Jedermann, Tomas Moretti als Tod und Veronica Ferres als Buhlschaft, die Aufführung hat mir gut gefallen und nun ist mir auch klar, warum es schon etwas besonderes ist, ihn zu spielen und sicherlich auch eine Fleißarbeit, Dialoge und Monologe zu lernen. Denn viel improvisieren kann man nicht.
In Berlin soll es bald für Bedürftige, Theaterkarten für 3 Euro geben, Karten die übrig sind, ich finde es gut, nur kann ich mir es nicht vorstellen wie das ablaufen soll, eile ich dann von Theater zu Theater und frage nach ob noch Karten übrig sind? Vielleicht nehme ich das einmal wahr, wenn ich meine Probleme im Griff habe.
Der Monat März war vergangen und der neue Termin in der HNO – Klinik stand an, wieder eine neue Ärztin, aber ich fand sie ganz gut, sie wollte an eine Operation nicht so richtig ran, fragte noch einmal nach den Symptomen und brachte auch zu Ausdruck, dass die Operation keine Garantie dafür ist, dass meine Kopfschmerzen und die Kopfgeräusche (Pfeifkessel) weggehen. Ich musste zum Riechtest und zum Nasenatmungstest (den Namen habe ich erfunden) der Riechtest war in Ordnung, aber bei der Nasenluft gab es Probleme, ich merkte da schon, dass es schwer ging.
Die Ärztin hatte inzwischen mit dem Oberarzt gesprochen und man machte mir den Vorschlag vorerst nur eine Laseroperation vorzunehmen. Damit war ich einverstanden, obwohl auch sie mit Risiko verbunden. Im Prinzip geht es darum eine bessere Belüftung der Nasennebenhöhle zu erreichen und damit die Symptome zu beseitigen.
Diese Operation findet am 2. Mai statt, einen Tag nach Sonjas 50. Geburtstag, nach kurzer Überlegung beschloss ich trotzdem die 500 Kilometer auf mich zu nehmen, sie hat es ganz einfach verdient, dass ich dabei bin.
Nun musste ich noch die Remicadetherapie koordinieren, denn sie sollte am 4. Mai sein und ich ahnte schon, dass der Abstand zwischen Operation und Therapie zu kurz ist. Also ging ich zur Rheumaklinik und legte mein Problem dar, sie sahen es ebenfalls so und zogen die Therapie um drei Wochen vor.
Da ich gerade in der Charité war, ging ich gleich noch zur Strahlenklinik, vorbei am CLINAC 3 dem Strahlenbunker, um mir einen Termin für die jährliche Kontrolluntersuchung zu holen. Danach besuchte ich noch die Tagesstation, es gibt immer noch Schwestern, die ich kenne, ob sie mich noch kennen kann ich nicht genau sagen. Aber ich bin dort vor ca. 4 ½ Jahren für 6 Wochen ein– und ausgegangen und war dankbar für jedes freundliche Wort. Sie freuen sich immer wenn sie Menschen sehen die es geschafft (hoffentlich) haben. Trotzdem beschleicht mich auch ein bedrückendes Gefühl, wenn ich diese Einrichtung besuche, es waren die dunkelsten Monate in meinem Leben, durch die ich mich wieder ans Licht wühlen musste und diese Erfahrungen, die ich während dieser Zeit sammelte, haben mich geprägt. Manche sagen ich bin ein ganz anderer Mensch geworden. Auch lasse ich mir durch keine Amt oder Behörde das wieder kaputt machen. Die können mir allenfalls paar Lebensmonate klauen, so bezeichne ich diese Zeit, in der ich mich immer wieder mit irgendwelchen Problemen herumschlagen muss, so wie jetzt, denn jeder Monat in dem ich mich nicht um mich kümmern kann ist geklaut. Dazu hat niemand das Recht und der Staat gleich gar nicht.
Wie versprochen habe ich mich nach dem Termin in der HNO Klinik bei der Leiterin des Wohnungsamtes, mit folgender e – Mail gemeldet:
Sehr geehrte Frau ......
Wie in unserem Gespräch vom 25.03.05 vereinbart meine Mitteilung.
Der gestrige Termin in der Charité ergab, dass am 02.05.05 einen Laser Operation durchgeführt wird über weitere Maßnahmen wird danach entschieden. In Zusammenhang mit dieser Operation muss die Infusionstherapie in der Charité, die ich wegen einer anderen Erkrankung bekomme, vorgezogen werden, sie erfolgt am 12.05.05. Da diese Infusion eine erheblich Schwächung des Immunsystems zur Folge hat, sehe ich mich nicht in der Lage einen Umzug, trotz Ihrer Hilfe, durchzuführen.
Ein kürzlich diagnostiziertes mehrfaches Hautekzem belastet mich nun noch zusätzlich. Ich möchte Ihnen aber hier nicht alle meine gesundheitlichen Probleme aufzeigen.
Einer Klärung der Umzugsfähigkeit durch den zuständigen Amtsarzt würde ich natürlich zustimmen. Trotzdem habe ich mir vorab die Wegstrecke zur mir angebotenen Wohnung angesehen, der Weg bis zum S – Bahnhof Grünbergallee ist wesentlich länger als von meiner jetzigen Wohnung, ich brauchte ca. 15 – 20 Minuten bis zum Bahnhof, jetzt gerade einmal 5 Minuten.
Da ich wöchentlich mindestens zwei Arzttermine wahrnehmen muss, – Krebsnachsorge in der Charité und im Krankenhaus Lichtenberg – Behandlung des Morbus Bechterew in der Charité, um nur die Wichtigsten zu nennen, stellt der Weg für mich eine erhebliche Belastung dar.
Als Anlage schicke ich Ihnen deshalb die Beurteilung der Charité mit, die auch die Grundlage für das Merkzeichen ›G‹ beim Versorgungsamt bildet.
Ich möchte Sie deshalb bitten, den Sachverhalt noch einmal zu prüfen. Ich bin auch bereit, geringere Leistungen hinsichtlich der Wohnkosten, in Kauf zu nehmen. Zur Deckung der Wohnkosten, könnte ich zum Beispiel den Nachteilsausgleich, den ich auf die Schwerbehinderung bekomme, für die Begleichung der Grundmiete verwenden.
Mit freundlichen Grüßen
Henry Ullmann
Ihre Antwort lautete kurz;
Sehr geehrter Herr Ullmann,
herzlichen Dank für Ihre Information.
Meine Widerspruchsstelle wird nunmehr umgehend Ihren Widerspruch prüfen.
Mit freundlichen Grüßen
War die kurze Antwort nun ein positives Zeichen oder wie ist sie zu werten, auf alle Fälle heißt es für mich wieder warten, zum Zeichen meines äußerlichen Protestes bepflanze ich meine Blumenkästen auf dem Balkon nicht.
Nebenbei musste ich noch paar andere Probleme bewältigen, der Termin der Remicadetherapie wurde vorgezogen, damit zur Laseroperation das Immunsystem nicht geschwächt ist und fand schon Mitte April statt. Ich wusste, dass meine Ärztin rotiert, d.h. sie qualifiziert sich in einem anderen Bereich der Charité und kommt im halben Jahr zurück. Einige Ärzte kenne ich schon gut, die Frau Dr. Strangfeld auch, sie wird mich die nächste Zeit betreuen, eine sehr gründliche und dazu noch hübsche Ärztin, zu der ich sofort Kontakt fand. Ich merke es sofort, an den Fragen, die mir gestellt werden, ob die Ärzte meine Akte gelesen haben oder nicht, sie hatte. über diese Station gibt meinerseits sowieso keine Beschwerden, trotz aller Hektik, die manchmal herrscht, immer nette und freundliche Schwestern, die meisten Ärzte auch.
Ein Problem bereitete der Ärztin die Hautekzeme und sie überlegt nun, ob ich nun meine jetzige Anti–TNFα – Therapie mit Remicade, auf Etanercept umgestellt werde soll, dass hängt vom Hand – Fuß – Ekzem ab. Das Etanercept hätte ich mir nach kurzer Einweisungszeit selbst spritzen müssen.
Ich überlegte ernsthaft, ob mir ein neuerlicher dreiwöchentlicher Aufenthalt in der Tagesklinik der Rheumastation nicht gut tun würde, da könnte die Sache mit dem Etanercept gleich geregelt werden. Mit Frau Dr. Strangfeld führte ich darüber ein Gespräch, klar, es ist natürlich jederzeit möglich, nur solle ich erst einmal die Laseroperation durchführen lassen. Mir hat Aufenthalt vor drei Jahren sehr gut getan, Anwendungen von 09.00 bis 15.00 Uhr, Bäder, Wassergymnastik, Massagen und vieles mehr.
Das Gespräch bei der Ärztin mit Untersuchung hat wieder fast eine Stunde gedauert. Dann gab es wieder Probleme mit der Infusion, d.h. die Nadel wollte nicht in die Vene, aber schließlich klappte es doch. Jetzt hatte ich zwei Stunden Zeit, in der die Infusion in die Vene tropfte. Nutzen konnte ich diese Zeit um wieder Englisch zu lernen, aber es wurde mir langweilig und ich verstellte das Rädchen, was für die Tropfgeschwindigkeit zuständig ist, auf einen schnelleren Rhythmus. Das hätte ich mir vor Jahren niemals getraut, daran zu drehen, im Gegenteil ich betrachtete das ›Schauglas‹ immer mit Andacht.
Nebenwirkungen habe ich in der Regel keine, etwas müde vielleicht, aber sonst ist es in Ordnung.
Der nächste Termin ist für Anfang Juni festgelegt. Ich bat noch um eine Kopie der Laborwerte und war erstaunt, super Werte, alle lagen sie im Normbereich.
Mit meiner Rheumatologin vereinbarte ich schon vor einiger Zeit, dass
sie mir einen Arztbrief, über meinen derzeitigen Gesundheitszustand unter
der Remicadetherapie in der rheumatologischen Spezialsprechstunde schreibt,
obwohl sie nicht mehr da war, traf ich sie trotzdem dort an und sie sagte
gleich, »Ich habe ihn im Kopf!« Ich wollte diesen Brief auch bei
einer eventuellen Vorstellung beim Amtsarzt vorlegen, damit er meinen Zustand
und damit die Umzugsfähigkeit beurteilen konnte. Nach einer Woche war
der Brief da.
Arztbrief der Charité vom 15.04.2005
CHARITÁ – UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Medizinische Klinik
Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie,
Prof. Dr. med. Burmester.
Klinikdirektor
Rheumatologische Spezialsprechstunde
– Neue Therapien –
An den mitbehandelnden Arzt/Ärztin
Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege, wir berichten Ihnen über den Patienten Henry Ullmann, geb. 27.12.1948, der sich in unserer rheumatologischen Spezialsprechstunde in Behandlung befindet und sich am 12.04.2005 zur Therapiefortführung vorstellte.
Diagnose:
Spondylitis ankylosans mit peripherer Beteiligung (rez. Iridozyklitiden; ED 2001)
Z.n. Anteriore Resektion eines Adenokarzinoms des Rektums (07/2000)
Diabetes mellitus
Periphere Polyneuropathie
Aktueller klinischer Befund:
Kardiopulmonal, Nierenlager und Abdomen unauffällig, keine Infektionszeichen. Kein Wirbelsäulenklopfschmerz, NAP frei. Auge: Injektionen links > rechts (It. Patient wurde durch die Augenärztin einer erhöhter Augeninnendruck gemessen); Hand–Fuß–Syndrom in Abheilung.
Zusammenfassender Bericht:
Herr Ullmann erhält seit dem 24.08.2004 infolge der sehr hohen Krankheitsaktivität des bekannten Morbus Bechterews mit rezidivierenden Iridozyklitiden eine Behandlung mit dem anti–TNFalpha Blocker Infliximab. Aufgrund eines kalkdichten Herdes im rechten Oberlappen und einen positiven PPD–Testergebnisses verabreichten wir zur Tuberkuloseprophylaxe eine Therapie zunächst mit Isozid, die wir dann infolge von Unverträglichkeiten (Diarrhoen) auf Rifampicin umstellten. Herr Ullmann wurde hinsichtlich des erhöhten Risikos eines Tumorrezidivs bei anamnestisch eruierbaren Rektumkarzinom mit Resektion ausführlichst aufgeklärt. Ein regelmäßiges Staging wird bei dem Patienten durchgeführt. Die Behandlung mit Infliximab erbrachte eine deutliche Besserung der Bechterew – Symptomatik.
Im Dezember 2004 klagte der Patient über zunehmende frontale Kopfschmerzen,
die fast täglich auftraten. Wir veranlassten zunächst eine Röntgenaufnahme
der Nasennebenhöhlen zum Ausschluss einer Sinusitis. Da hier der Verdacht
auf eine Spiegelbildung geäußert wurde, führten wir zusätzlich
eine kranielle Computertomographie durch. Hier stellte sich der Verdacht auf
eine ossäre Metastasierung und zeigten sich Zeichen einer chronischen
Sinusitis sphenoidalis. Zur Verifizierung wurde ein MRT des Kopfes durchgeführt.
Hier bestätigte sich der Verdacht der Metastasierung nicht. Zur Behandlung
der chronischen Sinusitis überwiesen wir Herrn Ullmann in die HNO–ärztliche
Mitbehandlung. Gegen eine Weiterbehandlung mit Infliximab wurde von den HNO–Ärzten
keine Kontraindikation gestellt. Allerdings empfahlen sie dem Patienten eine
operative Sanierung der Sinusitis als mögliche Ursache der persistierenden
Kopfschmerzen. Die Operation ist im Mai 2005 geplant.
Im Januar 2005 zeigten sich bei Herrn Ullmann ein kleinfleckiges Exanthem im Bereich des Körperstammes und eine Blasenbildung im Bereich der Hände und Füße im Sinne eines Hand – Fuß–Syndroms. Wir stellten Herr Ullmann unseren Dermatologen unter der Frage einer medikamenten–toxischen Reaktion unter Infliximab vor. Diese wurde von Dr. Lee primär ausgeschlossen. Ein endgültiges differenzialdiagnostisches histologisches Ergebnis steht allerdings noch aus. Wir verabreichten Herrn Ullmann am 12.04.2005 erneut 400 mg Infliximab. Bei erneuter Progredienz des Hand–Fuß–Ekzemes sollte eine Umstellung der anti–TNFα –Therapie auf Etanercept diskutiert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sogar vom Klinikdirektor Prof. Dr. med. Burmester abgezeichnet, vielleicht einmal ein Trumpf in meiner Hand, ich freute mich.
Meinen turnusmäßigen Besuch beim Hausarzt absolvierte ich ebenfalls, brauchte vor allem wieder Überweisungen für alle mögliche Ärzte. Die Vorstellung beim Doktor verlief wie immer im kumpelhaften, ja fast im scherzhaften Ton, obwohl ich mit ihm im vergangenen Jahr bald eine Auseinandersetzung hatte. Als meine Ex – Frau im Rahmen der Scheidung behauptete, ich sei ein ›Trinker‹ und zur Bestätigung unseren Hausarzt nannte, zu dem sie übrigens nicht mehr geht, stellte ich ihn zur Rede. Er konnte natürlich den Sachverhalt nicht bestätigen, aber da er auch ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Frau hat und sie als Beamtin ja Privatpatientin ist, war ich mir nicht so sicher was da abgelaufen ist. Er berief sich damals auf seine ärztliche Schweigepflicht und sagte solche Äußerungen keinesfalls gemacht zu haben. Trotzdem kam mir einiges komisch vor und ich verspürte eine leichte Unsicherheit bei ihm, kann mich aber auch täuschen. Jedenfalls meinte er letztendlich; »Wenn Deine Frau so etwas behauptet, muss sie es auch beweisen können!« ,diesen solle ich über meinen Rechtsanwalt einfordern. Da ich aber keinen Grund sah und der Herr Richter auch nicht, mich zu rechtfertigen blieb es im Raum stehen. Eine der vielen Unwahrheiten die immer wieder vor Gericht von meiner Ex – Frau behauptet worden sind.
Ich legte jedenfalls meinem Doktor die Laborwerte vor und er las sie aufmerksam, auch den Leberwert und ich fragte ihn ketzerisch, »Sind die beim Trinker so üblich«. Er war sofort im Bilde und meinte, »Na ja, im früheren Leben waren wir doch alle mal Trinker!«, vielleicht meinte er ja die Muttermilch.
Zum Thema Amtsarzt fragte ihn, ob er bereit ist über meinen Gesundheitszustand Auskunft zu geben, er sagte sofort zu, darauf kann ich mich verlassen. Ich muss es wieder betonen, ich bin froh so ein sehr gutes Verhältnis zum Hausarzt zu haben, es macht einiges leichter und er hat mir auch schon oft geholfen.
Ich nahm mir vor, eine Video – CD anzufertigen und zwar zum 50. Geburtstag meiner Schwester Sonja, sie hat auch so ihrer Höhen und Tiefen im Leben durch, drei Kinder erziehungsmäßig fast alleine durchgebracht. Ihr Mann hat sich erst scheiden, eine andere Frau geheiratet und dann ist er gestorben. ›Gott hab ihn selig‹ ist in unserer Familie das geflügelte Wort für ihn.
Ich kenne noch den Arbeitsaufwand von der Klassentreffen – CD, die Zeit wurde langsam knapp, aber mir fehlte der Trieb anzufangen. Die ganze ungeklärte Situation lähmte mich. Trotzdem fing ich an alle verfügbaren Bilder einzuscannen, der Rest ergibt sich dann schon. Dieses Mal wollte ich eine verbesserte Qualität verwenden, mit Musikunterlegung, eine Supervideo – CD sollte es werden. Nur ging das Material nach dem Rändern nicht auf eine CD und einen DVD – Brenner habe ich nicht (noch nicht). Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste sie teilen, mein Rechenknecht trieb mir die Tränen in die Augen, nach jedem zweiten eingefügten Bildübergang stürzte das Programm ab. In diesem Dilemma bekam ich einen Anruf in der Vormittagszeit, eigentlich eine Zeit wo kaum private Anrufe kommen und meine Mail an das Wohnungsamt war auch schon 14 Tage alt, es könnte ja schon ein Ergebnis sein.
Es war eine männliche Stimme die, vom Onkologischen Forum , er meinte ob ich sitze, ich hätte gewonnen. Am Telefon gewinnt man ja öfters einmal, oder es gibt eine Befragung zu den Trinkgewohnheiten; »Welchen Wein trinken Sie, rot oder weiß, trocken oder lieblich«?, meine Antwort ist immer die gleiche, »Rot und Trocken« und die freundliche Stimme sagt regelmäßig, man wird sich bei mir noch einmal melden um mir ein Präsent zukommen zu lassen. Man meldet sich auch, natürlich wollen sie vorbeikommen um es mir persönlich zu überreichen, weil sie gerade in meiner Nähe sind und so weiter und so weiter.
Da ich ein freundlicher Mensch bin, den Leuten das Treppensteigen mit Staubsaugern, Weinkisten und anderen Hausrat, ersparen will, mache ich auf meine Situation aufmerksam. Regelmäßig wird mir dann versprochen, das Präsent wird mir zugeschickt, angekommen ist noch nie eins.
Aber zurück zum Anruf, ich habe eine Reise für zwei Personen zum Kongress der DGHO gewonnen, später habe ich mich erst einmal im Internet kundig gemacht, es ist die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, die ihren Kongress in Hannover abhält.
Ich musste überlegen, gewonnen ich und wieso, ja es stimmt ich hatte mich als Mitglied im Forum registrieren lassen und auch paar Beiträge geschrieben. Unter diesen wurde einer gezogen, ich habe es glaube auf der Krebskonferenz in Berlin gelesen, na prima ist doch einmal etwas Positives. Nun musste ich nur noch die zweite Person auftreiben, aber es ist noch bis Ende September Zeit, vielleicht findet sich bis dahin noch jemand. Ich fahre zum ersten Mal in meinem, nun doch schon betagten Leben, mit dem ICE von Berlin nach Hannover und zurück, ohne Krebs wäre mir das nicht passiert und somit hat jede Krankheit auch etwas Gutes.
Am Sonntag hatte ich vor das Frühlingsfest in Köpenick zu besuchen, vielleicht treffe ich ja meinen Bürgermeister, dem konnte ich dann gleich berichten was mich so bedrückt. Aber es war nicht mehr notwendig, denn am letzten Aprilsonntag passierte für mich etwas sehr Positives, ein sehr kraftraubender Kampfabschnitt ging nach gut 4 Monaten zu Ende.
Eigentlich kommt ja am Sonntag keine Post und die vom Sonnabend holte ich am Nachmittag aus dem Briefkasten, keine Rechnung sondern, es war ein Brief ausgetragen von der PIN AG. Ein Brief vom Bezirksamt Treptow – Köpenick Amt für Grundsicherung und Wohnen drin.
Mein Herz begann sofort heftig zu schlagen und die Hände zitterten. Die Briefe der Ämter werden durch diese private Firma versandt und die tragen die Briefe auch noch aus, wenn die Post schon lange schläft.
Völlig außer Atem in der Wohnung angekommen, versuchte ich den Brief zu öffnen, es konnte eigentlich nur die Ablehnung meines Widerspruchs sein, oder die Anerkennung. Das Raten nützt hier nicht, also zog ich den Brief vorsichtig aus dem Umschlag und las die Überschrift; ABHILFEBESCHEID
über die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem vierten Kapitel SGB XII ; damit konnte ich überhaupt gar nichts anfangen, las weiter und begriff es langsam, meinem Widerspruch wird inhaltlich voll entsprochen. Ich bekomme jetzt erst einmal bis 30.04.2006 Grundsicherungsleistungen.
Die Begründung lautet;
Im Widerspruchsverfahren wurde geprüft, ob es Ihnen zuzumuten ist, einen Wohnungswechsel vorzunehmen. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es Ihr Gesundheitszustand nicht zulässt, Ihnen die Strapazen einen Umzuges und den damit verbundenen bürokratischen Prozesse zuzumuten.
Die Kosten der Unterkunft werden in voller Höhe berücksichtigt.
In Fettschrift steht am Ende
Ich wünsche Ihnen gesundheitlich Alles Gute und bedaure sehr, dass Sie mit unserer Prüfung der Aktenlage sehr belastet wurden.
Ich war ja alleine und konnte meinen Emotionen freien Lauf lassen, ich meine die Tränen und habe mich besonders über den letzten Satz gefreut, der ja etwas Menschliches innehat.
Vom Unterhalt gegenüber meiner Ex – Frau konnte ich nichts lesen, da verhalte ich mich erst einmal ruhig.
Man sieht es immer wieder, wer nicht kämpft hat schon im Ansatz verloren, ich werde dem Amt auch noch ein paar dankende Worte zukommen lassen, ein weiter Abschnitt in meinem neuen Leben ist geendet und zwar positiv.
Mein Leitspruch "Hoffnung ist eine gute Sache und gute Dinge können nicht sterben" hat sich wieder einmal bewahrheitet.
Also Köpenick fällt aus, ich schnappte meine Pfeife samt Tabak, sonst ist ja niemand da zum Schnappen und fuhr in Richtung Stadtzentrum. In der S – Bahn sitzend überlegte ich, was ich mir gönne und beschloss auf den höchsten Punkt Berlins zu gehen. Auf den Fernsehturm ins Telecafé, immerhin 207 Meter hoch, ein Bauwerk aus DDR – Zeiten, wo man bisher noch kein Asbest gefunden hat und auch sonst nix zu meckern hat. Das Café dreht sich innerhalb von einer halben Stunde um 360 Grad und man hat eine herrliche Sicht über Berlin. Früher dauerte die Drehung eine Stunde. Ich trank einen Kaffee und ein Glas Sekt, freute mich und erinnerte mich, dass ich hier vor über 35 Jahren gemeinsam mit anderen Leuten, ich glaube es waren 400 die so genannte Belastungsprobe mitgemacht habe.
Was wohl als nächstes folgen wird, das Jahr war ja noch lang. Ganz sicher gebe ich nun meinen Protest auf und bepflanze die Balkonkästen.
Den letzten Donnerstag im April fuhr ich
nach Bautzen zu meiner Mutter, die Fahrt ca. 230 Km verlief ohne Probleme,
ich habe immer ein ungutes Gefühl bei der Fahrt, als ob etwas mit
dem Auto passieren könnte, denn ich glaube es ist ein ›Montagsauto‹ und
vermutlich nicht in Deutschland zusammengebaut, aber es ging alles gut.
Oder fährt etwa meine Ex – Frau als ›Racheengel‹ irgendwo
versteckt. Angekommen, musste ich erst einmal berichten was sich so alles
in den letzten Wochen ereignet hat und da meine Schwester Evelyn noch zu
tun hatte mit der Geburtstagszeitung, verbrachte ich den Rest des Tages
und den Abend mit meiner Mutter alleine. Ich war froh die Super Video – CD's
im Handgepäck zu haben. Aber bei Evelyn ist es Methode, ihre Zeitungen
und Texte sind bei Geburtstagen beliebt und obligatorisch, aber sie werden
immer erst kurz vor der Feier fertig und bereiten ihr oftmals schlaflose
Nächte.
Am Freitag fand unser traditioneller ›Doppelkopf‹ statt und ich war wieder einmal der Verlierer, aber es war nicht so schlimm, anschließend gaben wir das eingespielte Geld in der nahe liegenden Gaststätte in Rabitz ›Zur Goldenen Höhe‹ aus. Jeder konnte essen und trinken was er wollte, ein schöner Tag. Es ist das Geld von mehreren Monaten Spiel, sieben Mitspielern und einem nur Einzahler. Da nie alle da sind, muss Sonja hier die Kontrolle behalten, wer wann mit wem gegessen hat, damit keiner zu kurz kommt, vor allem ICH.
Am Sonnabend, dem letzten Tag im April, findet immer das traditionelle Hexenbrennen statt, was mich an meine Kindheit und frühe Jugend erinnert.
Mit dem Hexenbrennen wird der Winter endgültig vertrieben, es werden auf Scheiterhaufen aus Stroh gebastelte Hexen verbrannt, heute ein eher kommerzielles Volksfest. Früher, ein kultiges Fest, die Reisighaufen wurden schon Wochen vorher zusammengetragen und von der Dorfjugend bewacht, damals hatte jedes Dorf einen Haufen. Als beschämend für das ganze Dorf galt, wenn dieser Haufen vorher von fremden Dörflern angezündet wurde, deshalb stellten wir Wachen auf und schickten Trupps in anderer Dörfer um deren Haufen vorher anzuzünden.
Heute wird dieses Fest, eher im Garten in familiärer Runde, bei Bier und Grill gefeiert und meine Familie machte es ebenso, wieder ein schöner Tag, deshalb fahre ich auch gern nach Bautzen. Schade, dass mein Vater nicht mehr lebt, denn jetzt wo die einstige ›Giftspritze‹ weg ist, sind die Feiern irgendwie besser, ich erfahre eine ganz andere Achtung innerhalb meiner Familie, das ist wie Goldstaub auf meiner Seele. Ich kann heute behaupten, dass ich deshalb meine Ex – Frau in keiner Weise vermisse. Ich glaube sie hat kein Bild in meiner Seele hinterlassen. Manchmal wünsche ich mir schon eine neue Partnerin, mit der ich gemeinsam etwas unternehmen könnte, aber es geht auch so.
Der 50. Geburtstag meiner Schwester fand in familiärer Runde statt,
wir trafen uns alle in ihrer Wohnung, auf ein Glas Sekt. Ich hatte die
Möglichkeit die Video – CD's zu überreichen, Sonja freute
sich sehr. Die erste sahen wir uns noch an, dann war die Zeit weg. Ich
landete meinen Überraschungscup und die Emotionen schlugen hoch. Da
ist es dann bis zu Tränen auch nicht weit, aber ich finde es nicht
schlecht, wenn man seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Die Feier
fand in der Gaststätte ›Spreetal‹ in
Grubschütz statt, nach dem Kaffeetrinken fuhr ich zurück nach
Berlin und ich war froh, dass ich trotz der morgigen Operation bei Sonja
war.
Am Montag musste ich schon etwas früher aufstehen und das ist auch ein Problem bei mir, bevor ich den Bechterew besiegt und meinen angeschlagenen Darm beruhigt habe brauche ich so meine Zeit, besonders der Darm nimmt mir jede Ungewöhnlichkeit übel, aber es ging alles gut und ich war pünktlich um 8.30 Uhr in der Charité. Die HNO Klinik kannte ich, aber den Raum für die Laseroperation fand ich erst wieder nach mehrmaligem Anlauf. Ein netter und auch fachkundiger Arzt, wie sich bei der Laserbehandlung rausstellte begrüßte mich freundlich. Die Nase betäubte er örtlich, aber nicht mit einem Schlag, sondern mit einer Lösung, nennt sich Oberflächenanästhesie, dazu wurde mir in jedes Nasenloch ein getränkter Tampon gesteckt, danach musste ich ca. 10 Minuten warten und schon war die Nase nicht mehr zu spüren. Mir wurde schon ganz komisch, als ich dieses ›Engelshemd‹ drüber ziehen musste, aber es wurde nicht so schlimm, ich bekam noch eine Schutzbrille auf und dann ging es los.
Die Lasermuschelkaustik wird endoskopisch durchgeführt, also nix für zittrige Hände, aber der Arzt war ruhig und erfahren, er überwachte die gesamte Operation am Monitor, kontrollierte ständig und machte auch mal eine kleine Pause. Man merkt eigentlich nicht viel, die Schmerzen, wenn überhaupt sind auszuhalten, es riecht wie beim Grillen und es qualmt aus der Nase. Nach einer halben Stunde war ich fertig und die Nase blutete ein wenig. Nun konnte ich nur hoffen, dass die Geräusche und Kopfschmerzen verschwanden. Zur Nachkontrolle wurde ich nach einem Monat wiederbestellt. Danach ging ich gemütlich Frühstücken, da ich ja nüchtern erscheinen sollte und schickte ein SMS nach Österreich. Wieder etwas geschafft!
Einige Tage später lag einen Brief vom Abgeordnetenhaus von Berlin im Briefkasten, der hoffentlich einen endgültigen Schlusspunkt unter meine verlorenen Monate setzen wird.
Abgeordnetenhaus B E R L i N
Der Vorsitzende des Petitionsausschusses
Abgeordnetenhaus von Berlin
Sehr geehrter Herr Ullmann,
die Mitglieder des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin haben Ihre Eingabe beraten. Das Sozialamt Treptow–Köpenick hat über Ihren Antrag auf Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für das Jahr 2004 am 14. Februar 2005 entschieden und die Beiträge überwiesen.
Das Amt für Grundsicherung und Wohnen hat Ihnen mit Bescheid vom 18. April 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2006 bewilligt. Die Kosten der von Ihnen bewohnten Wohnung wurden dabei in voller Höhe berücksichtigt. Ein Wohnungswechsel wird von Ihnen nicht verlangt.
Ihre (an das Sozial– bzw. Grundsicherungsamt übergegangenen) etwaigen Unterhaltsansprüche gegen Ihre getrennt lebende Ehefrau müssen Sie nicht selbst verfolgen. Das Grundsicherungsamt macht diese direkt geltend. Zu diesem Zweck ist inzwischen vor dem Familiengericht Tempelhof–Kreuzberg ein Rechtsstreit anhängig.
Wir freuen uns, dass Ihren Anliegen damit entsprochen wurde, und haben die Bearbeitung Ihrer Eingabe mit diesem Schreiben abgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielleicht ist nun für paar Jahre alles geklärt, zumindest habe ich genügen Schriftstücke in der Hand, wenn wieder einmal die Akte ›versenkt‹ wurde.
Himmelfahrt 2005, im Fernsehen gab es das Konzert mit Shania Twain in Chicago, was ich damals, Silvester 2004 schon gesehen habe, aber es nicht so richtig genießen konnte, weil ich vor fast unlöslichen Problemen stand, nun waren sie gelöst und ich konnte wieder einmal Stolz auf mich sein, meine Beharrlichkeit hatte sich ausgezahlt.
Jetzt sollte zumindest bis April 2006 Ruhe einziehen und ich konnte mich anderen Aufgaben widmen und da gab es eine Menge zu tun. Einiges war natürlich auch von meiner Gesundheit abhängig. Ich wohnte nun schon 7 Jahre in der Wohnung und eigentlich ist sie nie richtig fertig geworden, damals zum Umzug musste alles schnell gehen, damit meine Ex – Frau in 10 Minuten auf der Arbeit war. Ich hatte innerhalb kürzester Zeit zwei Wohnungen zu renovieren, die alte und die neue und zwischendurch musste ich auch noch Geld auf der ›Straße‹ verdienen und dafür wurde ich dann während der Scheidung als ›trinkender fauler Hund‹ betitelt, aber so ist das Leben, na gut. Erfahrungen sind eben dazu da um sie zu machen.
Jetzt hatte ich wieder Lust etwas zu tun, ich wollte auch den Sommer genießen auf Balkon und im Freien, Pläne habe ich schon. Urlaub will ich auch machen, gemeinsam mit meiner Mutter und meiner Schwester, wir wollten nach Holland fahren, zu Dritt, erschwinglich auch für mich. Eigentlich sollte die Reise schon im vergangenen stattfinden, aber die Iritis im letzten Jahr hatte mir ja einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht.
An die Iritis erinnert sich meine Augenärztin auch immer ›gern‹ und sie meinte beim letzten Besuch im Mai zu mir, in ihrer langjährigen Praxis hat sie erst zwei Patienten mit solch einer massiven Iritis erlebt und in ein Krankenhaus zur weiteren Behandlung überwiesen, einer davon ist dann auf einem Auge erblindet und der andere bin ich gewesen. Sie war auch erfreut darüber, dass meine Sehkraft fast so gut ist wie vorher war und der Augeninnendruck sich im Normbereich bewegte. Keine Hiobsbotschaft und auch momentan keine ›tickende Zeitbombe‹ .
Mitte des Monats bekam ich vom Onkologischen Forum die schriftliche Einladung zum Patiententag des DGHO – Kongress in Hannover zugesandt.
Nun hatte ich nur noch das Problem die zweite mitreisende Person zu finden, aber auch allein nehme ich natürlich teil, denn es gibt mir immer wieder die Möglichkeit mich zu informieren und Kontakte zu knüpfen.
Im Monat Juni stehen wieder paar Termine an, bei denen es sich aber nur um meine Gesundheit dreht und es geht gleich mit der Nachkontrolle zur Nasenlaseroperation los.
Die vier Wochen waren vorbei und ich befand mich wieder vor dem Raum in der Charité, wo Rhinologie und Allergologie darüber stand und über der Tür die Signaltafel ›Laser‹ , die aber nicht leuchtete. An die Tür sollte man nicht klopfen stand daran, aber nach einer halben Stunde tat sich nichts und ich fragte noch einmal bei der Anmeldung nach. Die Antwort war nicht so sehr freundlich, es klang so wie, ich sollte mich gefälligst gedulden.
Der Arzt der mich operiert hatte lief an mir vorbei und mir entglitt der Satz, »Ach hier ist er!«, aber er nahm keine Notiz von mir, ich ging wieder zu der besagten Tür und wartete. Dann erschien der Arzt und er tat so als ob ich nicht da bin, blätterte geistesabwesend in meiner Akte, die im dafür vorgesehenen Fach lag. Er wartete ebenfalls vor der Tür, weil sie verschlossen war. Nach Anruf kam die Schwester und beide verschwanden im Zimmer, ich wartete immer noch, dann wurde ich aufgerufen und der Doktor erklärte mir, was er vor hat und fragte mich welche Art meine Probleme sind. Verwundert machte ich ihm darauf aufmerksam, das ich schon vor einem Monat operiert worden bin und ich heute nur einen Termin zur Nachkontrolle habe. Wieder begann er meine Akte zu durchsuchen, fand aber keinen Vermerk über die Operation und er sagte, »Aber nicht von mir!« ich antwortete; »Natürlich von Ihnen!«. Fakt war also der Operationsbericht war nicht in der Akte, obwohl ich einen Durchschlag erhalten hatte. Er wunderte sich immer noch und betäubte meine Nase noch einmal, es war aber trotzdem ein umgänglicher Arzt, als die Operationsstuhl eingerichtet werden sollte, streikte er, die Batterie ist leer meinte er und der Stuhl konnte nicht, meinen Bedürfnissen entsprechend angepasst werden, den mit dem Morbus Bechterew brauche ich vor allen am Kopf entsprechende Unterstützung. Die Schwester holte, wie das letzte Mal, ein Kopfkissen herbei und dann ging es los.
Er zeigte mir am Monitor, dass sich noch Schorf in der Nasenmuschel befand, der entfernt werden muss, er schätzte die Operation als gelungen ein, ich bedankte und verabschiedete mich, er meinte noch wenn wieder etwas ist, kann ich gern wiederkommen.
Auf dem Flur saß einen junge Frau und fragte mich ob ich zur Laseroperation war, sie hätte so schreckliche Angst, ich beruhigte sie und sagte die Operation ist fast schmerzfrei, nur etwas unangenehm.
Als nächstes stand jetzt die Infusion in der Rheumaklinik an, ich fühlte mich gar nicht so sehr gut, ging aber trotzdem hin, meine neue Ärztin, Frau Dr. Strangfeld fragt immer nach dem Befinden. Wir haben uns geeinigt, dass es mir gut geht, dabei besprachen wir auch meine Probleme, das Hautekzem, die Kopfschmerzen, die Geräusche im Kopf und die Iritis, also wieder mehr als genug. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es fast einer Stunde dauert bis die Infusion anliegt. Dazu wurden noch meine Beweglichkeit geprüft, alles vermessen und dokumentiert, wie gesagt mit meiner Ärztin bin ich sehr zufrieden.
Sie vereinbarte noch Termine in der Kardiologie, in der Augenklinik im Virchow Klinikum und beim Hautarzt in der Charité. Danach begann die übliche Prozedur der eigentlich zweistündigen Infusion, die ich in der Regel gut überstehe und in kürzerer Zeit.
Einige Zeit später lag im Briefkasten schon das Schreiben meiner Ärztin mit den Terminen und den jeweiligen Arztbrief.
Der erste Termin war in der Augenklinik des Virchow Klinikums, man bestellte mich zum Konzil, untersucht wurde ich war wieder von Frau Doktor Schmidt, die vor einem Jahr die Iritis erfolgreich behandelt hat. Gegenstand im Arztbrief der Charité war die Frage, Rezidivierende Iridocyclitis, mit der Bitte um Klärung bzw. Ausschluss der rezidivierenden Iridocyclitis als Nebenwirkung der Remicade – Therapie. Die Augenärztin fand keine Anzeichen einer Iritis und war auch sonst mit dem Sehvermögen sehr zufrieden. Eine Konsultation mit dem Leiter der Augenklinik wollte sie noch durchführen und den Befund an die Rheumaklinik senden. Ich war mit diesem Befund mehr als zufrieden.
Zwischen den beiden Terminen nahm ich mir die Renovierung meine Wohnung vor, dabei stellten sich mir zwei massive Probleme in den Weg. Erstens das finanzielle Problem und zweitens meine Bewegungseinschränkung, aber was ich mir vorgenommen hatte, wollte ich auch alleine packen. Also kaufte ich Tapete, Farbe, Auslegeware, Leisten, andere Kleinigkeiten und überdachte die finanzielle Belastung, denn vom Staat gibt es keinen Cent mehr dazu für die Wohnungsrenovierung. Deshalb musste ich, für die nächsten Monate noch einige Sachen zurückstellen, wie z.B. das Panel und die Leuchtspots im Flur.
Die Arbeiten gingen zügig voran, glaubte ich jedenfalls, ich konnte auch meine fensterlose Küche entsprechend meinen Vorstellungen wieder mit Holz gestalten, was mir beim Einzug damals strikt ›verboten‹ wurde, aber ein Problem trieb mich fast zur Verzweiflung. Ich wollte auch einmal die neue Vliestapete kleben und dachte ist vielleicht eine Erleichterung, wenn man die Wand einstreichen kann. Es waren ja nur zwei Wände im Wohnzimmer.
Ich muss dazu sagen, ich habe bestimmt schon einige 100 Rollen Tapete verklebt, Decken tapeziert und es gab niemals Probleme. Aber hier, als ich die Wände fertig hatte, die Polsterecke stand schon wieder auf ihrem Platz und ich trank mein erstes verdientes Glas ›Dornfelder‹ und schmauchte eine Tabakspfeife mit Vanilla Club. Plötzlich knackte und knallte es hinter mir relativ laut und die Tapete sprang von der Wand, erst eine Bahn, dann die nächste usw. ,usw., usw., manchen blieben auch noch etwas kleben, ich war entsetzt und glaubte im falschen Film oder in einem Lustspielfilm zu sein. Am nächsten Morgen habe ich alle Bahnen abgezogen, das klappte prima, Leim war genug da. Aber vorher überlegte ich und stellte mir die Frage, »Was habe ich falsch gemacht?« Vermutlich zu wenig Leim genommen, gespart an der falschen Stelle, dachte ich mir. Also die Polsterecke wieder weggerückt, wenn ich die noch mehrmals bewege ist die auch bald hin, Billigprodukt von Domäne, viel Wert ist sie eh nicht mehr.
Ich merkte schon, dass es mir schwer fiel, hatte ich doch beim Decke streichen so meine Probleme, ich kann nicht nach oben sehen, weil ich den Kopf nicht so bewegen kann, also musste ich teilweise im ›Blindflug‹ streichen, es ist mir aber trotzdem ganz gut gelungen, sagen die Leute. Die Arbeiten am Boden sind für mich auch nicht leichter, da kommt die Schwierigkeiten beim Bücken zum Tragen, also hinlegen oder knien, was auch nicht so bequem ist. Nun ist aber genug gebarmt. Die Tapete hing wieder, Sofa stand und ich war nicht zufrieden, sie fiel zwar nicht mehr herunter, aber kleben tat sie nicht wirklich richtig und eine Hitze in Berlin.
Ich brauchte Hilfe und ging zum Händler um zu fragte, warum die Tapete nicht klebt, man sagte mir ich solle eine Dose Kleber für Wandbeläge zum Leim dazugeben, was ich auch machte. Was blieb mir weiter übrig, Tapete noch einmal abziehen, ging wieder gut und noch einmal von vorn, nun hält sie auch, was für eine Schmach für mich.
Nun bin ich erst einmal zufrieden, die Schrammen und Kratzer die meine Ex – Frau bei ihrem Auszug hinterlassen hat, beseitigt ebenfalls, damit verblassen auch die letzten Erinnerungen. Jetzt konnte ich die Sonne auf dem Balkon genießen.
Der nächste Termin in der Kardiologischen Klinik in der Charité stand an, ganz fertig war ich zwar in der Wohnung noch nicht, aber die paar Kleinigkeiten erledige ich noch so nach und nach. Obwohl das etwas Gefährliches ist, manche Restarbeiten können sich über Jahre hinziehen, besser ist es, man erledigt es gleich, ich weiß von was ich spreche.
Es sollte ein Ultraschall (Gefäß – Doppler – Beurteilung) der kopfversorgenden Gefäße gemacht werden, das konnte ja so schlimm nicht sein, dachte ich mir. Das entsprechende Zimmer fand ich ganz gut, ohne Rundgang durch die Charité, so langsam kennt man sich eben aus. Den Befund habe ich gleich mitbekommen, ihn muss ich mir nun bei der nächsten Infusion erst einmal erklären lassen, weil so viele unbekannte Begriffe darin stehen, der Arzt war übrigens auch nicht gerade der Mitteilsamste, er sagte während der Untersuchung nämlich nix zu mir oder zu sich, bloß gut dass solche Ärzte bei mir die Ausnahme sind. Ich hörte während des Ultraschalls nur meinen Pulsschlag laut und deutlich.
Als Befund stand jedenfalls: ›Geringe arteriosklerotische Veränderungen im darstellbaren Bereich der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße ohne Nachweis bedeutsamen Stenosen (Verschluss)‹.
Also ohne bedeutsame Stenjedenfalls:osen, war also doch was, vielleicht gut für die Kopfschmerzen oder die Geräusche.
Meine Unternehmungen waren bedingt durch die Wohnungsrenovierung ziemlich eingeschränkt, einmal habe ich mich mit meiner Schwester Evelyn und meinem Schwager getroffen. Sie machten Urlaub im Umland von Berlin, da haben sie mich zum Essen eingeladen. Wir waren bei Julchen Hoppe, der Tochter von Mutter Hoppe, ein Altberliner Gasthaus mit deftiger deutscher Küche im Nikolaiviertel. Ich freue mich immer wieder über das gute Verhältnis zu den beiden, es hat sich sehr positiv entwickelt. Sonja und Mutter haben mich auch besucht, aber wir hatten keine Zeit essen zu gehen, sie haben mir in der Wohnung geholfen, um das Essen habe ich mich gekümmert. Auf besonderen Wunsch gab es ganz kleine Pellkartoffeln, Pfifferlinge und Bouletten à la Henry, und einiges mehr, ja zu trinken gab es natürlich auch etwas. Beide sind echte ›Pellkartoffelfans‹ je kleiner umso leckerer.
An einem schönen Sonntag nahm ich mir vor wieder einmal meine Kenntnisse über Berlin aufzufrischen und fuhr zum neuen Hauptbahnhof (Lehrter Bahnhof), um dann durch den Spreebogen – Park, immer an der Spree entlang bis zum Alexanderplatz zurückzulaufen, etwas anstrengend, aber es ist schon imposant was alles besonders im Regierungsviertel gebaut wurde, das musste ich, als nicht gerade ›regierungsfreundlicher Mensch‹ anerkennen.
Wenn ich denke, wieder einmal alles geklärt, kommt etwas Neues auf mich zu, nun ist es die Überprüfung meiner Schwerbehinderung durch das Versorgungsamt, nach 5 Jahren Krebsoperation ist das wohl so, sicherlich werde ich einem Amtsarzt vorgeführt, der dann entscheidet, ich lasse mich überraschen.
Als ich mit meiner damaligen Frau zusammenlebte und die Welt scheinbar noch in Ordnung war, fanden in Zeuthen, wo mein Wochenendhaus auf dem Grundstück meiner Tante stand, Arbeitseinsätze. Dabei wurde das gesamte Grundstück ›Gereinigt und Gelüftet‹ , nicht nur das Stück auf dem mein ehemaliger Bungalow steht. Nach getaner Arbeit wurde für die fleißigen Helfer, ein Grillfest organisiert. Dafür war ich aber nicht verantwortlich, das machten meine Schwäger, ich beschäftigte mich mit der Koordination der Arbeit. Das Grundstück war aufgrund seiner Größe sehr arbeitsintensiv, die in der Regel sonst an mir hängen blieb. Ich kannte in Zeuthen, über viele Jahre als Anzugsordnung nur meine Arbeitslatzhose. Jetzt war ich froh solche fleißigen Helfer in Form meiner Schwägerinnen und Schwäger, nebst Kindern zur Seite zu haben.
Nach meiner Operation hatte ich keine Kraft, keine Lust und auch kein Geld um auf dem Grundstück etwas zu machen und ich zog mich mit Einverständnis zurück, die Pflege übernahm ein Nichtdeutscher, der auch mein Wochenendhaus nutzte. Als er merkte, dass er seine Interessen nicht durchsetzten konnte, verschlampte das Grundstück mehr und mehr, jetzt muss er wieder runter.
Deshalb habe ich nach 6 Jahren wieder einen Arbeitseinsatz, am vorletzten Juliwochenende, organisiert. Zu meinem Ex–Schwager Rolf und seiner Familie hatte ich schon die ganze Zeit in gutem Kontakt, wir haben auch hin und wieder in Zeuthen gegrillt. Nun kam für mich eine wirklich angenehme Überraschung, es meldete sich Ex–Schwager Frank und fragte an, ob er mit seiner Frau auch kommen kann, ich sagte natürlich sofort zu und freute mich riesig, wieder eine Überraschung mit der ich nicht gerechnet hätte. Leider war das Wetter nicht so sehr gut aber es war schön und der nächste Arbeits–, Grilleinsatz ist für September schon geplant.
In Vorbereitung unserer Hollandreise, für eine Woche in den Ferienhaus– Park Kijkduin bei Den Haag, war ich mir nicht sicher, ob ich noch eine Grüne Versicherungskarte benötige. Ich rief deshalb bei meinem Versicherungsvertreter (Vereinte) an, er meine eigentlich nicht, aber er schickt mir eine zu, das fand ich ja noch als ›normal‹ . Als er mich fragte, wie es mir geht, ob ich Probleme hätte und ob sich mein Gesundheit stabilisiert hat, staunte ich nicht schlecht, war es doch schon drei Jahre her als er zum Versicherungsabschluss bei mir war. Bisher traf ich noch keinen menschlichen Versicherungsvertreter, aber auch seine Wurzeln liegen im ›Osten‹ . Jetzt beginnt wieder die Zeit der Nachsorge und der erste Termin bei meiner Onkologin steht Anfang August an, sie hat mir im vergangenen Jahr nach der Darmspieglung gesagt, ich solle im Sommer wiederkommen. Sie versprach mir auch, dass dieses Jahr keine Darmspieglung gemacht wird, ich hoffe sie weiß es noch. Danach geht es für eine Woche nach Bautzen, Mutter besuchen, Geburtstag feiern, Doppelkopf spielen, Urlaub absprechen und mal sehen was die Mutter für Aufgaben für mich hat.
Ein verregneter Montag, typisch für den Sommer 2005, aufrechten Hauptes ging ich zur Onkologin, nach fünf Jahren guter Betreuung, was sollte mich da eigentlich Negatives erwarten, aber man weiß ja nie. Es war, entgegen manch anderen Terminen, relativ leer, es dauerte nicht lange und Schwester Yvonne rief mich auf. Ich hatte für die Frau Doktor, den Arztbrief der Charité und die Blutwerte kopiert, aber sie macht eine andere Laboruntersuchung wie die Charité, so dass die Schwester mir, sehr gekonnt Blut abnahm. Da konnte ich einen Blick in das Zimmer werfen, wo die ›Cocktails‹ (Chemotherapie) verabreicht werden, der Raum war voll besetzt, jetzt sitzt man allerdings auf bequemen, modernen Sesseln. Als ich meine Chemotherapie bekam, fand diese noch nicht im neuen MZL (Medizinisches Zentrum Lichtenberg) statt, es war alles etwas anders, persönlicher. Wenn die Betten alle besetzt waren, wurde schon mal ein zusätzliches Bett provisorisch in ein Arztzimmer geschoben, trotzdem, ich war nicht unzufrieden gewesen. Schwester Yvonne war damals auch noch nicht bei Frau Doktor, Schwester Jutta hatte die Obhut über die Patienten, sie war es auch die mir etwas von der Angst nahm, die vor jeder Chemotherapie hatte.
Schwester Yvonne war, trotz ihrer Jugend oder gerade deshalb, sehr einfühlsam. Ich baute bei den vergangenen Besuchen sofort einen guten Kontakt zu ihr auf. Heut ging es bei ihr, neben der Blutabnahme, um die Einschätzung gegenüber dem Versorgungsamt. Es galt es meinen Gesundheitszustand einzuschätzen, um der Doktorin die entsprechende Vorarbeit abzunehmen. Ich denke wir haben eine ordentliche Einschätzung hinbekommen und nun warte ich was passiert, mein Hausarzt muss ebenfalls seine Einschätzung abgeben. Wichtig für mich ist, dass ich mit 60 Jahren, ohne Abzüge in Rente gehen kann. Damit ich nicht mehr mit voller finanziellen Last dem Grundsicherungsamt auf der Tasche liegen muss. Ein Restbetrag wird sicherlich immer bleiben.
Frau Doktor war wie immer in Eile, aber über meinen Zustand sehr erfreut. Nun ging es nur noch um die Termine für die jährliche, herbstliche Kontrolle. Die CT (Computertomografie) stand an und die Darmspieglung auch, sie meinte die Darmspieglung brauchte ich nicht mehr jährlich zu machen, ab nächsten Jahr, ab nächsten Jahr. Ich erinnerte sie gleich an ihre Zusage im vergangenen Jahr und sie sagte mit einem leichten Augenzwinkern, »Soweit kommt es noch, jetzt fangen die Patienten schon an zu handeln«. Sie gab mit nur die Briefchen für den Haemoccult – Test, zum Nachweis auf okkultes Blut im Stuhl mit, eine Belastung weniger, die Darmspieglung ist zwar kein Höherpunkt mehr für mich, aber durch die notwendige Darmreinigung stellt sie mich immer wieder vor Probleme. Es gibt im Oktober dann nur die CT und dass ich kein Blut im Stuhl habe darüber bin ich mir fast sicher, oder, na ziemlich.
Nun konnte ich mich auf die Reise zu Muttern begeben, entgegen meiner sonstigen Art blieb ich fast 1 ½ Wochen, es war eine ganze Menge geplant, leider gab es ein nicht so gutes Ereignis, denn meine 90 jährige Tante lag im Krankenhaus, sie hatte einen Schlaganfall erlitten, nach 14 Tagen ist sie an dessen Folgen verstorben. Aber wir waren uns in meiner Familie einig, mit 90 Jahren hat sie ein erfülltes Leben gehabt und da sie halbseitig gelähmt war und auch nicht mehr richtig sprechen konnte, wir sind Realisten, es war das Beste für alle. Ich selbst habe sie zweimal besucht und als ich mich verabschiedet habe, weinte sie, ich glaube sie ahnte ihr Ende voraus, denn geistig war sie vollkommen klar.
Mein Schwager organisierte eine Zugfahrt mit Wochenendticket nach Plauen im Vogtland, ich musste als 5 Person einspringen, denn bisher fuhr meine Tante mit, ähnlich erging es mir schon beim Doppelkopf, als Ersatz für meinen Vater. Das Vogtland kannte ich bisher eigentlich kaum, vor vielen Jahren war ich mit Werner, meinem Schulfreund, in Klingenthal. Mit dem Fahrrad 180 Kilometer von Pirna entfernt, eine Riesentour bei Wind und Wetter.
Mit dem Zug ging es natürlich besser, in Bautzen sind wir 6.00 Uhr losgefahren, über Dresden – Freiberg – Chemnitz – Zwickau, Umstieg in die Vogtlandbahn über Plauen nach Muldenberg (Floßplatz) und von dort zurück nach Bautzen. Im Höhenluftkurort Grünbach/Muldenberg haben wir in der Gaststätte Flößerstube gemütlich zu Mittag gegessen. Gegen 18.00 Uhr waren wir zurück, für mich ein schöner Tag den ich gern in Erinnerung behalte.
In den nächsten Tagen wollte ich meiner Mutter helfen, das Bad vorzurichten und das Dach des Carports, der nie einer war, zu erneuern. Hier werden Gartengerät und alle anderen möglichen und unmöglichen Sachen gelagert. Es regnete manchmal herein, was Mutter misshagte, sie hat sich zwar schon selbst geholfen, aber das Problem besteht schon sehr lange. Auch wenn mir manche Arbeit schwer fällt, so versuche ich mich immer wieder selbst zu überwinden, ich glaube das bekommt mir ganz gut. Erstaunlich ist für mich immer wieder, wie Mutter mit ihren 78 Jahren zupackt, wenn ich die Tapetenbahnen nicht schnell genug an die Wand klebe und sie hätte Zeit zum Ausruhen, da ist sie schon wieder im Garten um Unkraut zu zupfen.
Ich beschloss dieses Mal am Sonntag zurückzufahren, weil ich am Dienstag wieder an den Tropf in die Charité musste, vorher habe ich noch mein Auto gründlich gereinigt, um Mutter und Sonja ein sauberes Fahrzeug für den Urlaub anzubieten. In der Regel mache ich das einmal im Jahr, aber letztes Jahr kam die Iritis dazwischen, es wurde Zeit. Die Geburtstagsfeier meiner größeren Schwester verlief auch im kleinen harmonischen Kreis und da das Essen in der Gasstätte nicht vollständig vertilgt wurde, gab es am nächsten Tag den obligatorischen Doppelkopf, verbunden mit dem Essen der Reste.
Am Sonntagvormittag beluden Mutter und ich das Auto, d.h. es musste Obst und Gemüse im Kofferraum verstaut werden und da wir allesamt nette Menschen sind wird dann in Berlin verteilt, meine Tante und auch mein Ex–Schwager bekommt was ab. Mutter versorgt mich noch mit eingemachtem Obst, aber auch Wust usw. fürs erste überleben nach meiner Ankunft in Berlin und so manches mehr. Ich kann mein Auto gar nicht auf einmal entladen, so voll ist es immer. Ich selbst habe mir noch Gewürze wie Dill und Bohnenkraut mitgebracht und für meine Vögel Beifuß, welchen sie gerne zu sich nehmen. Die Heimfahrt verlief reibungslos und in der Wohnung war auch alles in Ordnung als ich zurückkam.
Am Dienstag begab ich mich zum Termin in die Charité um meine Infusion abzuholen und ich freute mich auch schon auf das vorherige Gespräch mit Frau Dr. Strangfeld, die mir, ich kann es durchaus so sagen, sehr sympathisch ist, aber auch große fachliche Kompetenz besitzt. Es lief wie immer ab, Untersuchung, Vermessung und vor allem Nachfrage nach meinem Befinden, erst dann wird der ›Cocktails‹ zubereitet und die Infusion beginnt. Sie hatte auch die Ergebnisse der Augenklinik vorliegen und besonders erfreulich, es gibt kein Rezidiv. Das Untersuchungsergebnis der Sonografie der hirnversorgenden Blutgefäße händigte ich ihr aus und auch damit war sie zufrieden und die Stenosen, sind Einengungen der Blutbahnen, die altersmäßig bedingt vorhanden sind. Ich konnte mich also während der Infusion zurücklehnen und englische Vokabeln lernen.
Wenn das Wetter es zulässt sitze ich auf dem Balkon inmitten meiner Tomatenpflanzen und Hibisken, frühstücke, lese, plane meine nächsten Aktivitäten oder denke einfach nur nach. So auch über meine Kontaktversuche im Internet und ich hatte es mir eigentlich einfacher vorgestellt, aber scheinbar ist der Krebs für viele immer noch ein Hindernis, Menschen näher kennen zu lernen oder liegt es daran, dass ich ›nur‹ Grundsicherung (vormals Sozialhilfe) bekomme. Es kann ja sein, man denkt der ist auf Geld aus, das ist er bestimmt nicht, er lebt so ganz gut.
Meine jetzigen intensiven Mailkontakte sind zwar ziemlich international, Österreich, Schweiz und natürlich Deutschland, hier habe ich schon Menschen gefunden mit denen ich mich austauschen kann, aber für gemeinsame Unternehmungen bzw. Freizeit sind sie zu weit weg. Aber auch Gefahren laueren im Netz, manche Menschen gaukeln einem was vor und am Ende wollen sie nur ein Buch verkaufen und wenn es dann geklappt hat ist Schluss mit dem Kontakt, na Dankeschön kann ich da nur sagen. Natürlich habe ich auch nicht an jedem Kontakt Interesse um ehrlich zu sein, es muss schon paar Gemeinsamkeiten geben, aber die Hoffnung gebe ich nicht auf.
Deshalb musste ich auch zum Global Fashion Festival
2005 auf dem Kurfürstendamm alleine gehen, verbunden mit dem Besuch
der Panorama –Etage im Europa – Center hier lag mir die ganze
Stadt zu Füßen. Die 20. Etage, ein fantastisches Panorama, Hauptstadt
bis zum Horizont, mit Fotogalerie, es lohnt sich wirklich und zu der Zeit
wo ich dort war, vielleicht Sonntag gegen 10.30 Uhr wenige Menschen auf der
Plattform. Man kann auch einen virtuellen Helikopterrundflug für
9,50 Euro machen, den hob ich mir für später auf. Da in Berlin am
Wochenende immer etwas los ist, fällt es manchmal schwer sich zu entscheiden,
ein weitere Event's war, das absenken der Bügelbrücken am neuen
Berliner Hauptbahnhof – Lehrer Bahnhof oder der Tag der Offen Tür
im Kanzleramt, ein gar nicht so pompöses Gebäude, aber mit großer
Parkanlage, direkt an der Spree.
Ich entschloss mich den Haemoccult – Test vor dem Urlaub doch noch bei meiner Onkologin abzugeben und einen Termin zur Auswertung der CT brauchte ich auch noch, also begab ich mich mit den Briefchen auf den Weg, Schwester Ivonne stand am Tresen als ich den Test abgab, sie fragte sie mich, ob sie es gleich machen soll. Ich antwortete, dass ich in der nächsten Woche in Urlaub fahren will und stimmte zu. Es ist schon komisch, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass kein okkultes Blut vorhanden sein wird, wurde mir plötzlich ganz flau im Magen. Alles ist wieder da, aber die Sorge war umsonst und Frau Doktor kam kurze Zeit später in den Warteraum und sagte, » Herr Ullmann, ich wünsche ihnen einen schönen Urlaub!«.
Es macht plumps und da denke ich immer, ich bin gegen so etwas immun geworden, da wurde mir auch schlagartig bewusst, ich hänge am Leben, wie jeder andere vernünftige Mensch auch, aber das war nicht immer so.
Jetzt konnte ich mich der Urlaubsvorbereitung widmen, denn Anfang September wollte ich mit Mutter und Sonja nach Holland in den Ferienpark Kijkduin fahren in der Nähe von Den Haag an der Nordsee, allein hätte ich es mir nicht leisten können. Es ist auch nicht der erste gemeinsame Urlaub oder Fahrt und die Ereignisse sind mir bis jetzt immer in guter Erinnerung geblieben. Besonders gern verreise ich mit Ronny meinem Neffen, eigentlich mag ich ihn, aber er hat auch ›Hörner‹ die er ab und zu ausfährt. Da kann es schon sein, das er plötzlich in Kopenhagen sein Beifahrerdienst einstellt. Da musste ich mich eben selbst aus der Stadt ›fädeln‹ , aber böse bin ich ihm nicht, er ist eben auf seine Art ein liebenswerter Mensch.
Ich erinnere mich aber auch an andere Urlaube, die schon wegen den kleinsten Kleinigkeiten regelmäßig im Streit endeten, da hatte ›sie‹ sie nicht die richtige Bekleidung an, oder wusste über irgendetwas nicht Bescheid. Da wurden nicht nur mir, sondern auch den Miturlaubern ganze Tage versaut.
Eine Begebenheit will ich doch erwähnen, weil sie typisch ist, 1995 Urlaub in Norwegen gemeinsam mit meinen Eltern, am Abend wurde der Plan gemacht, es sollte am nächsten Tag nach Bergen gehen. Jeder war für seine Reiseverpflegung selbst verantwortlich, dass heißt am Morgen wurden die Brote geschmiert, alle wussten Bescheid nur die Ex nicht. Da machte sie einen Aufriss und zerstörte fast die Fahrt nach Bergen, ich hatte natürlich Schuld, deshalb sprach sie auch den ganzen Tag nicht mit mir. Es war so etwas von blöd und das Schlimmste es war noch gar nichts passiert. Aus Protest nahm sie keine Reiseverpflegung mit. Dafür wurde eben eine Zigarette mehr geraucht. Zum Glück kannten meine Eltern ihre Eskapaden, sonst hätte ich mich geschämt. Aber das ist Geschichte und da soll sie auch bleiben.
Die Trauerfeier für meine Tante in Bautzen fand noch paar Tage vor dem Urlaub statt.
Sie war auch einer derjenigen Menschen die mit meiner Krankheit nicht umgehen konnten, sie war ganz einfach nicht in der Lage mit mir ein Gespräch nach meiner Operation zu führen. Sie konnte mich nicht nach meinem Befinden fragen, so dass das Verhältnis nicht mehr so wie früher war. Warum konnte ich nicht mehr erfahren, aber vielleicht spielte es eine Rolle, dass ihr Mann, also mein Onkel an Krebs verstorben war. Aber es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sie mich in meiner schwersten Zeit finanziell unterstützt hat und dafür danke ich ihr auch.
Die Rede zur Feier war ausgewogen, der Redner war wirklich in der Lage ihren Lebensweg nachzuzeichnen, nicht wie der, der zur Beerdigung meines Vaters gesprochen hat. Der kam schon zur Vorbereitung der Rede, trotz Auto mit Alkoholfahne und entsprechend war auch die Rede, die mein Vater wirklich nicht verdient hatte, na gut, das bringt ihn auch nicht mehr zurück. Nach dem gemeinsamen Mittagessen der Trauergäste, welches Evelyn in der Gaststätte ›Lusatia‹ organisiert hat, eine Gaststätte in Bautzen, wo traditionell viele unserer Familiefeierlichkeiten stattfinden. Die engere Verwandtschaft traf sich anschließend noch bei Mutter im Garten zum Kaffee, dann ging es zurück nach Berlin.
Jetzt kann der Urlaub kommen, aber ›unverhofft kommt oft‹ ,paar Tage vorher bekam ich eine Mandelentzündung. Sofort dachte ich an das Problem zwischen Infusion und Immunsystem. Vorsichtshalber ging ich noch einmal zum Hausarzt und ließ mir ein paar Antibiotika geben, denn hier will ich nichts riskieren. Sie haben geholfen und wir konnten planmäßig den Urlaub antreten.
Bei unserer Urlaubsreise bestand meine Aufgabe im Transport, damit mein Auto auch weiß warum es ein Auto geworden ist. Ich befasste mich mit der Streckenplanung zum Ferienziel. Die Planung vor Ort war auch meine Aufgabe, natürlich mit demokratischem Mitspracherecht der Urlauber.
Einige Eindrücke, an erster Stelle sind mir die vielen Autos in Holland in Erinnerung geblieben, ich habe mir immer wieder die Frage gestellt, wo sie alle herkommen, denn so viele Einwohner hat Holland ja nicht, insbesondere vor Städten war es manchmal eine Katastrophe.
Die Fahrweise ist auch nicht gerade als sanft zu bezeichnen. Ich glaube mir hier als ehemaliger Taxifahrer ein Urteil erlauben zu können, man muss sich schon mit aller Macht den Spurwechsel oder die Ausfahrt aus der Autobahn erzwingen. Dazu kommt, dass die Beschilderung insbesondere auch auf der Autobahn gewöhnungsbedürftig ist, von den gefahrenen 2.500 Kilometern sind bestimmt 200 bis 300 ›verfahrene Kilometer‹ . Des Weiteren gibt es in Holland viele Kreisverkehre, die aber in der Regel gut zu durchfahren sind, die so genannten ›Drempel‹ (Schikanen auf der Fahrbahn) insbesondere vor Ortseingängen. Jeder Holländer hat natürlich ein Fahrrad und benutzt es auch. Die Holländer an sich sind nette und lustige Menschen, die gern irgendwelche außergewöhnliche Dinge tun und das Leben in Holland ist teurer als in Deutschland.
Besichtigt haben wir in Holland, Den Haag, Delft, Rotterdam und Gouda, die Städte machten abseits der Hauptstraßen einen schmutzigen Eindruck. Weitere Sehenswürdigkeiten waren das meistfotografierte Wahrzeichen und Unesco – Kulturerbe, die 19 Windmühlen von Kinderdijk und der Oosterscheldedam.
Einen kleinen Abstecher, von 400 Kilometern nach Belgien haben wir auch unternommen und die Stadt des Diamantenhandels Antwerpen besichtigt, Sauberkeit ähnlich wie in Holland.
Natürlich sind wir auch die Uferpromenade in Kijkduin und in Scheveningen mehrmals abgelaufen, viele Gaststätten, hier haben wir auch die holländischen Fritten probiert.
Da sich das Wetter von seiner schönsten Seite zeigte, unternahmen wir auch einige Strandwanderungen, denn der Ferienpark lag ja direkt an der Nordsee.
Der Höhepunkt unserer Reise war natürlich der Besuch von Amsterdam, auch ein Parkhaus in der Nähe von Bahnhof Amsterdam Centraal fanden wir ziemlich schnell. Nach 15 Minuten Fußmarsch befanden wir uns an der Anlegestelle vom ›Canal Bus‹ und beschlossen die 16 Euro für eine ›dagkaart‹ zu investieren, die uns die Möglichkeit eröffnete, mit der Green Line, Red Line oder Blue Line durch die Grachten von Amsterdam zu fahren. Man konnte beliebig oft ein und aussteigen und auch die Linien wechseln, das ganze dauerte ca. 3 Stunden. Es hat sich gelohnt um eine kleine Vorstellung von Amsterdam zu bekommen. Abschließend kann ich sagen, eine Woche ist natürlich viel zu wenig um noch mehr zu unternehmen, aber es war schön und harmonisch gewesen.
Einen Punkt konnten wir allerdings nicht abarbeiten, ich hatte ja vorgehabt noch nach London überzusetzen, aber hier habe ich dann doch auf meine 78 jährige Mutter Rücksicht genommen, aber den Fähranleger in Hoek van Holland haben wir uns schon angesehen, von dort sollte es in 3.40 Stunden nach Harwich in England gehen.
Ich las im Internet, dass es ein Spezialangebot der Stena HSS gibt. Für 80 Euro Fahrt mit der Schnellfähre Stena HSS, anschließen mit dem Zug HSS Express und das Ganze Hin und Zurück, das hörte sich sehr gut und günstig an.
07.20 Abfahrt in Hoek van Holland mit Stena HSS
10.10 Ankunft in Harwich
10.50 Abfahrt mit HSS Express nach London
12.11 Ankunft in London Liverpool Street Station
17.02 Rückfahrt nach Harwich mit HSS Express
18.26 Ankunft in Harwich
19.20 Rückfahrt mit Stena HSS nach Hoek van Holland
23.55 Ankunft in Hoek van Holland
und das lag nur 12 Kilometer von unserem Ferienpark entfernt.
Hoek van Holland hat mich insbesondere auch deshalb interessiert, weil ich in vergangenen Zeiten die Züge kontrolliert habe die von Berlin aus nach Hoek van Holland gefahren sind, damals allerdings mit keiner Silbe daran gedacht, hier einmal stehen.
Londen wie die Holländer schreiben ist aber nach wie vor in meinen Gedanken enthalten.
Zurück in Deutschland, ich konnte noch gar nicht alle Eindrücke verarbeiten, galt es schon das nächste Event vorzubereiten, denn ich habe im Frühjahr des Jahres eine Reise nach Hannover, zum Patiententag der Jahrestagung der DGHO ( Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V.), gewonnen. Sie ist eine Vereinigung von Wissenschaftlern und Ärzten, die auf die Erforschung, Diagnose und Behandlung von Blutkrankheiten und bösartigen Tumoren spezialisiert sind. Weitere Informationen gibt es auf der Website.
Der Patiententag fand am 01.10.05 im Hannover Congress Centrum (HCC) statt. Leider hatte ich seit Mai von meinem Ansprechpartner im Onkologischen Forum nichts mehr gehört, war aber deshalb nicht gleich unruhig geworden, denn es war ja noch etwas Zeit. 14 Tage vor dem Patiententag meldetet ich mich per E – Mail beim Ansprechpartner, bekam aber auch nach einigen Tagen keine Antwort, ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, wollte mir aber die Fahrt auch nicht entgehen lassen. Ich beschloss den Chef vom Onkologischen Forums persönlich, über die allgemeine E – Mailadresse der Website, anzuschreiben und bekam sofort eine Nachricht, dass die Unterlagen auf dem Weg zu mir sind, also geht doch. In der Mail stand auch, dass man sich mit mir im HCC treffen will. Die Unterlagen trafen dann auch einige Tage später bei mir ein, darin war ein Stadtplan, die Wegbeschreibung zum Hotel und zum HCC, die Hin – und Rückfahrkarte für den ICE und der Hotelgutschein für das Grand Hotel in Hannover. Alles war schon im Mai ausgestellt, warum ich es fast nicht bekommen habe erfahre ich später auch noch.
Gleich hatte ich ein neues Problem, muss ich mich mit den Hotelgutschein vorher telefonisch im Hotel anmelden und was ist mit den Platzkarten für den ICE, es war nur ein formloses Schreiben über die Reservierung dabei gewesen. Die Nachfrage im Hotel ergab, dass es richtig war vorher anzurufen, die formlose Registrierung der Platzkarten war auch in Ordnung. Na ja ich fahre nicht jeden Tag mit dem ICE und schon gar nicht gehe ich in solch ein Hotel.
Am letzten Freitag im September startete ich mit dem ICE 954 pünktlich 7.42 Uhr in Richtung Hannover, etwas aufgeregt war ich schon, denn es war die erste Fahr mit dem ICE. Erstaunt war ich, dass der Zug so voll war, aber ich hatte ja Platzkarten und nicht nur eine sondern, zwei, weil die Reise eigentlich für zwei Personen war, aber keiner mitfahren wollte. Auf dem Ostbahnhof (vormals Ostbahnhof dann Hauptbahnhof dann wieder Ostbahnhof, es kann ja nicht sein, dass es im ehemaligen Ostteil der Stadt einen Hauptbahnhof gibt) kaufte ich mir noch einen ›Café to go‹ um von der Zugversorgung unabhängig zu sein.
Vorher informierte ich mich noch am Wagenlaufplan, wo mein Wagen ist und positionierte mich im entsprechenden Bereich, denn wer hier nicht aufpasst hat gleich am Anfang der Reisestress, denn die Züge halten nicht lange, also kann es passieren, dass man mit allen seinen Koffern durch diesen ellenlangen Zug und zum gern genommenen Beobachtungsobjekt der Reisenden wird. Ich konnte ich mich meinen Beobachtungen hingeben, weil ich alles richtig gemacht hatte und war erstaunt, mit wie viel Gepäck die Leute reisen. Ich brauchte meine Tasche zum Glück nicht in die Gepäckablage hieven, also ich bin ja nun nicht gerade der ›kleinste‹ aber dafür muss man schon groß und kräftig sein. Als der Zug an den mir bekannten Bahnhöfen Alexanderplatz – Friedrichstrasse – Zoo vorbeifuhr und ich die Leute dort an den S – Bahnsteigen stehen sah, dachte ich daran, wie oft ich den ICEs nachschaute, mit keiner Silbe daran denkend, auch einmal in einem solchen zu sitzen. Es war ein erhebendes Gefühl, der vom Leben gebeutelte fährt mit dem ICE.
Wie schnell 250 Km/h sind merkt man während der Fahrt nicht, es versprach ein schöner Tag zu werden, also legt ich die Ohrhörer meines MP3 –Players an, lehnte mich zurück und ließ mich von dem Englischlernprogramm berieseln. Nach ca. 1 ½ Sunden kam ich, mit Zwischenhalt in Wolfsburg, an und war erstaunt, wie viele Menschen sich auf dem Bahnhof in Hannover bewegten, da kommen einem ja die Bahnhöfe in Berlin, provinziell vor. An einem der vielen Imbissstände kaufte ich mir ein frisch zubereitetes Zwiebelmettbaguette, das sehr gut schmeckte, dazu trank ich eine Cola. Danach informierte ich mich über die Lage des Hotels, aber ich hatte noch viel Zeit um einzuchecken, lief ein Stück zu Fuß und fuhr dann mit der U – Bahn von der Station Kröpke zur Station Markthalle/Landtag. Was ich in noch keiner anderen Stadt gesehen habe, hier gab es Rolltreppen in der U – Bahn die sich in beide Richtungen bewegten, d.h. wenn man Glück hatte und man stand eine Weile vor einer entgegengesetzt laufenden Rolltreppe, hielt sie an und bewegte sich in die andere Richtung. Selbst die Einheimischen waren mit diesem System nicht so richtig vertraut. Meine Reisetasche nervte mich, sie baumelte an den Oberschenkeln herum und schwer war sie auch. Sollte ich mir vielleicht irgendwann einen Trolley zulegen, da ich kaum verreise, schien mir die Ausgabe nicht (noch nicht) gerechtfertigt. Sieht natürlich besser aus, als mit der schweren Tasche über der Schulter..
Im Hotel wurde ich herzlich begrüßt, legte meinen Gutschein vor und bekam meinen Zimmerschlüssel für ein schönes Doppelzimmer in der 9. Etage. Es war sauber, zweckmäßig eingerichtet, bei einem Zimmerpreis von 135 Euro pro Nacht, konnte man das auch erwarten. Nachdem ich alles begutachtet und mich etwas frisch gemacht hatte, warf ich noch einen Blick aus dem Fenster, sah direkt auf das auf das neue Rathaus. Ich verweilte aber nicht lange im Zimmer, sondern begab mich auf Sightseeingtour, schließlich wollte ich von Hannover auch etwas sehen. Zu Fuß ging ich von der Markthalle bis zum Hauptbahnhof, über die Einkaufsmeile, kaufte natürlich nichts ein. Am Mittag fuhr ich schon einmal zur Probe zum HCC und danach zum Flughafen Hannover Langenhagen, als Flugsimulant muss man den schon im Programm haben, ein relativ großer Airport, aber mit wenig Fliegern. Da ich aufgrund meiner Schwerbehinderung mit Merkzeichen ›G‹ in allen Städten der Republik für die Verkehrsmittel nichts bezahlen muss, konnte ich mir diese Fahren leisten, ob der Flughafen noch im Bereich lag, wusste ich nicht wirklich.
Eine Erholungspause im Hotel tat nun gut, ein leichter Sonnenbrand machte sich auch schon bemerkbar, denn Sonne meinte es sehr gut. Auf dem Zimmer schrieb ich meine Ansichtskarten und stellte fest, dass sich noch einiges verändert hat, ein großer Obstteller stand bereit und auch eine Flasche Mineralwasser war vorhanden. Bei mir dachte ich, hoffentlich muss ich das am Ende nicht noch bezahlen, denn die Preise in der Minibar hatten mich schon schockiert und ich schloss sie schnell wieder.
Danach verließ ich das Hotel abermals, da ich von der Altstadt Hannovers bisher noch nicht viel gesehen habe, wollte ich das jetzt nachholen. Es lohnt sich, viele liebevollen Fachwerkbauten und historische Gebäude gibt es zu sehen. Zufällig begegnete ich einer Stadtführerin mit einigen Leuten, ich schloss mich unvermittelt an und hörte ihren Ausführungen zu. Dabei erfuhr ich auch einige Dinge die es so bestimmt nicht in Reiseführern zu lesen gibt, zum Beispiel, warum es an der Marktkirche immer etwas windig ist, dort hat nämlich der Teufel den Wind ausgetrickst und der wartet nun immer noch auf die Rückkehr des Teufels, wer mehr wissen will sollte sich einer Stadtführung anschließen.
Danach habe ich eine Runde mit der Tram gedreht, bin aber in einer Gegen gelandet, die mir keinen soliden Eindruck machte, die Tram war leer, es dunkelte bereits. Ich stieg lieber aus und fuhr zurück in die Helligkeit.
Bevor ich in mich in einer gemütlich Bierstube der Altstadt niederließ um etwas zu essen, traf ich noch einen Berlinerin, die mich nach einer Kunstausstellung fragte. Als ich ihr sagte, dass ich nicht von hier bin, waren wir uns einig die Welt ist klein. Gemütlich ging es schon zu in der Bierstube und getrunken wird auch. Man kommt auch schnell ins Gespräch mit den Einheimischen, wenn sie hören wo man her kommt, gibt es immer was zu erzählen. Am Tresen muss man wirklich aufpassen, dass man nicht ›versackt‹ , ich musste mich gegen 22.00 Uhr gewaltsam entfernen. Es ist übrigens das erste Mal seit 5 Jahren, dass ich mal wieder in einer Kneipe war. Nun, bei Dunkelheit ging ich zurück ins Hotel, dabei machte die Altstadt, mit ihren engen Gassen einen geheimnisvollen, ja fast mystischen Eindruck.
Im Hotel angekommen, standen auf dem Tisch noch paar Snacks, ein Bademantel lag bereit, selbst das Tollentenpapier war am Anfang zu einer Spitze gefaltet, sorry ich habe das zum ersten Mal gesehen. Die Zimmerminibar rührte ich natürlich nicht an, eine gekaufte Flasche Bier stellte ich mir schon am Nachmittag kalt. Nach dem wohltuenden Bad trank ich diese, just in dem Augenblick ginge ein Feuerwerk los, was ich von Fenster aus gut beobachten konnte. So werden also die Gäste aus Berlin empfangen.
Nach einer recht angenehmen Nacht ging ich in das Restaurant L´Adresse um das Frühstück einzunehmen, was im Preis enthalten war. Ich fand mich auch gleich zurecht, setzte mich an einen freien Tisch, Kaffeekanne stand auf dem Tisch, ich wartet kurz um abzuchecken ob eine Bedienung kommt, kam nicht, also schenkte ich mir den Kaffee selbst ein. Danach ging ich ans Buffet, es war wirklich reichlich von allem vorhanden. Eigentlich brauche ich zum Frühstück nur eine Schrippe und Kaffee, aber wo es nun mal da war und ich auch nicht wusste, wann ich das nächste Mal etwas zu essen bekomme, brauchte ich fast eine Stunde. Dabei gab es Gelegenheit, Menschen zu beobachten, dass Hotel war nicht voll belegt, ich sah auch Menschen wie ›Du und Ich‹ , aber auch andere, denen man es ansah, dass sie nicht wie ›Du und Ich‹ sind. Ich war zufrieden und wusste, die nächsten Stunden brauche ich nichts zu essen. Danach packte ich meine Sachen und stellte fest, dass es entsetzlich regnete, na was soll es, bis zum U – Bahnhof war es nicht weit und mein Gepäck ließ ich, nachdem ich ausgecheckt hatte, vorerst im Hotel.
Da mir der Weg zum HCC bekannt war, konnte ich am Hauptbahnhof sogar noch einigen Menschen sagen, wie sie dort hinkommen. Es war natürlich im Vergleich zu den Patiententagen im ICC in Berlin, die ich schon mehrfach besucht habe, schlicht und bescheiden. Leider waren auch nicht viele Besucher da, aber vielleicht war 10.00 Uhr auch noch zu früh dachte so bei mir, hörte mir die Begrüßung des Kongresspräsidenten und danach die Ausführungen von Frau Dr. Tanja Vollmer aus München an. Das Thema war ›Psychoonkolgische Versorgung – Wunsch oder Wirklichkeit‹ .
Danach wartete ich auf den Anruf vom Onkologischen Forum, schaute mir inzwischen die Ausstellung an, es gab zwar einige Informationsstände, aber sehr wenige Besucher. Ich bekam tatsächlich einen Anruf und wir verabredeten uns, nach einiger Zeit erschein er tatsächlich mit einer Mitarbeiterin, die auch paar Fotos machte. Wir unterhielten uns, vor allem über die wenigen Besucher. Ich sagte ihm, dass ich auch in ganz Hannover keinen Hinweis über den Patiententag finden konnte. Wir waren uns auch darüber einig, dass es eigentlich nicht Patiententag heißen müsste, sondern ›Gesundentag‹ , denn die schon einmal Krebs durchgemacht haben kommen sowieso, aber kommen sollten eigentlich die Gesunden. Ich kenne es selbst, genau so ist es, denn als ich noch keinen Krebs durchgemacht hatte, waren auch für mich solche Veranstaltungen nicht relevant. Man beschäftigt sich einfach nicht damit, will das Thema gar nicht an sich herankommen lassen. Anders ist es auch nicht zu erklären, warum so wenig Menschen zur Vorsorgeuntersuchung gehen. Aber hier spielt das gleiche Problem wie oben eine Rolle. Er entschuldigte sich noch bei mir, der Mitarbeiter der für meine Einladung zuständig war, ist nicht mehr im Onkologischen Forum, ich glaube wenn ich mich nicht gerührt hätte, wäre aus der Reise nichts geworden.
Das Programm des Patiententages war natürlich sehr anspruchsvoll und die Referenten zu den einzelnen Themenschwerpunkten waren meist Professoren. Ich habe am Symposium teilgenommen, das von Frau Dr.Rubin geleitet wurde. Dort gab es nämlich auch etwas zu essen, in meinem Beitrag sprach ich über die gemachten Erfahrungen in der vergangenen Zeit, nicht nur über die Krankheit, auch über die Zusammenhänge die sich bei mir so ergeben haben. Die Fragen konnte ich umfassend klären, ich habe die Frau Rubin schon mehrmals bei solchen Veranstaltungen gesehen, sie sieht viel kleiner aus, wie im Fernsehen. Sie tat so als ob wir alte Bekannte waren. Damit war mein Auftritt hier beendet.
Bei meinem Rundgang beobachtete Leute die eine Umhängetasche trugen, sie sah aus wie eine Notebooktasche, bedruckt mit dem Veranstaltungslogo. Ich spürte die Stelle auf, wo die Taschen ausgegeben wurden, schnell stellte ich aber fest, dass es die nur für die Doktoren und Professoren gibt, die die ganze Zeit beim Kongress sind. Dafür musste man Teilnahmegebühren bezahlen und akkreditiert sein, denn der Kongress ging ja eine ganze Woche. Aber so eine Tasche wäre nicht schlecht gewesen, ich fasste den Entschluss und ging noch einmal hin.
An den Ausgabeschaltern standen immer noch eine Menge Leute, als Erkennungszeichen hatten sie alle einen Ausweis mit Lichtbild am Schlüsselband umhängen, ich natürlich nicht, der war erst zum richtigen Kongress, ab Sonntag notwendig. Aber ich reihte mich trotzdem ein, als ich dran war stellte ich mich vor mit ›Dr. Ullmann‹ und bemerkte, dass hier heute einen Vortrag gehalten habe, mir war nicht mal komisch dabei. Der freundliche Herr sagte, er schaue mal in die Liste, natürlich stand weder ein Ullmann, noch Dr. Ullmann, noch Prof. Ullmann drauf. Daraufhin meinte er, er könne es bis morgen klären, darauf ich, dass ich heute schon wieder zurück nach Berlin muss.
Ich glaube er hat es gemerkt und sagte, »Wenn meine Chefs nicht alle hier wären, würde ich Ihnen eine Tasche geben!« Ich fragte, »Soll ich noch einmal wiederkommen?“, daraufhin antwortete er, »Ich reiche Ihnen einfach eine rüber, sie tun so als ob es ganz normal ist und dann verschwinden sie unauffällig!« Ich schnappte meine Tasche und verschwand, wie gesagt und nun hatte ich sie und war stolz.
Der nächste Kongress ist übrigens in Luzern, aber eine Einladung ist eher unwahrscheinlich, aber nicht wegen der kleine Falschaussage.
Im Hotel räumte ich die neue Tasche ein, jetzt musste ich allerdings noch eine Tasche tragen. Es ist schon komisch, am Vortag stand ich vor einer ähnlichen Tasche und hätte sie beinah gekauft, meine bisherige Armgelenktasche (Geschenk zum 50. Geburtstag von meiner Ex – Frau) gibt bald den Geist auf, gut dass ich mich wie immer nicht gleich entscheiden konnte. Die Armgelenktasche vernichtete ich noch in Hannover, wieder eine Erinnerung weniger an sie.
Es regnete immer noch, mit zwei Taschen und Regenschirm ging gar nicht, da kommt man sich vor wie ein Lastentier vor, es fehlt immer eine Hand. Man, wäre ein Trolley jetzt schön gewesen. Zu allem Unglück, vertat ich mich auch noch um eine Stunde mit dem Zug, 16.31 Uhr fuhr zwar auch einer, aber meiner fuhr erst 17.31 Uhr, also tigerte ich noch 1 Stunde auf dem Bahnhof rum.
Gegen 19.30 Uhr war ich wieder am Ostbahnhof in Berlin. Auf der Rückfahrt habe ich noch einem jungen Mädchen meinen zweiten Platz angeboten, weil sie Probleme bekam, ihre Platzkarte wurde zweimal verkauft. Ein älteres Ehepaar spielte sich entsetzlich auf, das Mädel war ihnen nicht gewachsen, also schritt ich ein, so konnte ich doch noch ein gutes Werk tun.
Das war die Reise, anstrengend aber ich habe es jedenfalls nicht bereut und um nicht aus der Übung zu kommen bin ich am Montag gleich zu den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit nach Potsdam gefahren, aber nicht um diesen Tag zu huldigen, sondern um einfach unter Menschen zu sein.
Nach der Reise standen nun die gesundheitlichen Angelegenheiten wieder im Vordergrund, ich machte als erstes das CT und war mir ziemlich sicher, es wird kein negatives Ergebnis geben. Dieses Mal konnte ich mit dem Trinken der Kontrastmittellösung zu Hause beginnen, einige Schlücke noch in der S – Bahn und den Rest dort, damit spart man natürlich viel Zeit ein. Die Kontrastmittellösung habe ich bisher immer gut vertragen. Ich bin auch pünktlich drangekommen, man kennt sich schon, nur das Legen des kleinen Katheters für das Kontrastmittel, wird immer wieder zum Problem, aber schaffen tut die Oberärztin es immer. Das Gefühl kenne ich ja schon, beim Zulauf des Mittels wird es heiß im Körper, aber nicht schlimm.
Eine Woche später ging ich zu meiner Onkologin zur Auswertung, sie war zufrieden, die, wie es heißt; ›minimalen dorsobasale narbige Veränderung in der Pulmo rechts‹ machten mir Sorgen, aber den Ärzten scheinbar nicht. Vielleicht hängt es auch mit der Schilddrüse zusammen. Wichtig, dass kein Lokalrezidiv vorhanden und die Tumorenmarker negativ waren.
Frau Doktor meinte, »Nächstes Jahr im Spätsommer sehen wir uns wieder, dann gibt aber auch wieder eine Darmspieglung!« in Anspielung auf meine diesjährige ›Verweigerung‹ .
Zufällig lief mir Schwester Jutta über den Weg, die jetzt schon in Rente ist, sie kann es aber auch nicht lassen immer wieder mal nach dem Rechten zu sehen, sie kennt mich sogar noch beim Familiennamen. Sie war es auch vor 5 Jahren, die mir die Angst vor der Chemotherapie nahm. Ich glaube so gemütlich geht es in der neuen Praxis nicht mehr zu, sieht immer etwas stressig aus. Ich bin froh, dass ich nicht mehr zu den ›Akuten‹ gehöre.
Zwischenzeitlich habe ich an einer kleinen Studie teilgenommen, deren Titel ungefähr so lautet, ›Der Morbus Bechterew und die Auswirkungen auf die Zähne‹, dazu musste ich in die Zahnklinik des Virchow Klinikum, was zur Charité gehört. Es wurde nach Parodontose geschaut, mit einer Nadel, welche in die Zahntaschen geschoben wurde. Es gibt angenehmeres, aber einen Ex – Krebspatienten kann so schnell nix mehr umhauen. Der junge Doktor hatte fast keine Beanstandungen, ärgerlich, dass ich meinen Zähnen nach der Krebsoperation keine so große Beachtung gescheckt habe. Ich dachte damals, es gibt wichtigeres und vielleicht lohnt es sich ja auch nicht mehr, nun habe ich den Salat. Paar fehlen, mal sehen ob der Staat oder die Kasse hier eine Unterstützung geben kann, muss ich eben wieder einmal kämpfen.
Als Dankeschön bekam ich eine professionelle Zahnreinigung, einschließlich Zahnsteinentfernung. Da in der Charité auch gespart werden muss, war keine Schwester da, also bat mich der Arzt, ob ich bei der Zahnsteinentfernung den Speichel selbst absaugen kann, natürlich konnte ich das, am Anfang zog es die Zunge immer mit herein, aber dann nach nochmaliger kurzer Einweisung war ich perfekt.
In Sachen Morbus Bechterew Behandlung in der Charité gab es eine Änderung, die Remicadetherapie erfolgt nun im Rahmen der Dispensairebetreuung direkt in der Rheumaklinik. Die Patienten, die aus der Studie, in der ›Neuen Therapien‹ heraus sind werden hier weiterbehandelt. Der Grund ist, Kapazitäten für neue Studien zu schaffen. Natürlich sind die Ärzte und Schwestern in der Rheumaklinik ebenfalls um das Wohl der Patienten besorgt, aber es geht etwas hektischer zu. Man steht nicht mehr in der ersten Reihe und ich hatte wieder eine neue, allerdings nette Ärztin, die mich jetzt für ein halbes Jahr behandelt sollte.
Die Schwester kannte ich noch von der Tagesklinik, na ja und die Infusion war wie immer. Die Schwester bekam den Katheter nicht hin, musste die Ärztin holen, meine Venen haben eben schon viel erlebt. Beim legen eines Katheters sehen sie immer gleich ›Rot‹ , weil sie sich an die Tortur in der Strahlenklinik vor fast 5 Jahren erinnern, wie die Zeit doch vergeht.
Meine neue Ärztin Frau Dr. Franz stellte beim abhören der Lunge, irgendein Geräusch fest, was sie etwas beunruhigte, aber letztlich gab es die Infusion, eine Überweisung zur Hautklinik und eine Verordnung für die Physiotherapie.
Doktor Lee aus dem Allergie – Centrum – Charité der Hautklinik kannte ich und wusste aus Erfahrung, am besten man geht hin und versucht ihn zu finden, was ich auch tat. Meine Akte war natürlich in der Anmeldung nicht auffindbar, weil er diese persönlich verwaltet. Er selbst war auch nicht auffindbar, ich sollte mich mal selbst darum kümmern. Daraufhin begab ich mich direkt ins Allergie Centrum, in der Hoffnung ihn zu finden oder zumindest einen Termin zu machen. In der dortigen Anmeldung befand sich zufällig, die Leiterin eine Frau Professor und hörte mein Anliegen. Der Doktor ist noch nicht da, er fängt heute erst Mittag an, aber sie riet mir zu warten, sie würde ihm Bescheid sagen, wenn er kommt. Es könne aber noch mindestens eine halbe Stunde dauern, bei mir dachte ich, ob ich hier nicht vergessen werde!
Es dauerte eine reichliche halbe Stunde, dann erschien er mit meiner Akte unter dem Arm. Er suchte ein Behandlungszimmer und musste sich erst einmal in meiner Akte belesen, ist ja auch klar, das letzte Mal war ich im März dort, aber er konnte sich dann gleich erinnern und er begutachtete mein hartnäckiges Ekzem auf dem Fußrücken. Verschreib mir noch einmal diese Dermatop – Salbe, war aber mit meinem Zustand soweit zufrieden. Meinte aber, dass die Untersuchung ein leicht erhöhtes Allergierisiko gezeigt und auf den Zehnnägeln sich ein Pilz angesiedelt hat. Dieser müsse mit Tabletten behandelt werden, aber erst brauchte er die Zustimmung der Rheumatologie, im Dezember werde ich dort das Problem vorbringen und anschließend soll ich gleich bei ihm vorbeikommen.
Es ist also nichts Lebensbedrohliches.
Als ich mir den Termin in der Physiotherapie holte, stellte die Leiterin fest, dass das Rezept zwar unterschieben war, aber der Stempel fehlte. Da ich vor 2 Jahren schon einmal dort war und sie mich noch kannte, konnte ich den ersten Termin auch so wahrnehmen.
Bei meiner Neurologin, brachte ich mein Problem mit den Kopfgeräuschen noch einmal zur Sprache. Ich dachte, vielleicht fällt es in ihr Ressort, aber auch sie hatte keine richtige Diagnose. Auf Grund meiner Schilderung meinte sie, vielleicht sollte ich mich einmal auf Tinnitus untersuchen lassen, die Halswirbelsäule könnte hier der Auslöser sein. Sie meinte aber in der Charité gäbe es in der Spezialabteilung sehr lange Wartezeiten, ich werde auch das zur nächsten Infusion ansprechen und hoffe es gibt nicht wieder ein neues Problem. Es bleibt also immer spannend in den Fragen der Gesundheit.
Im Monat Oktober lag der Bescheid über die Betriebskosten und die Heizkosten meiner Wohnbautengesellschaft im Briefkasten, es war fast eine komplette Miete die ich zurückbekam. Ich wusste, dass es nicht mir gehört, damit habe ich auch kein Problem. Vom Grundsicherungsamt wurde ich mehrmals darauf hingewiesen, jede Veränderung sofort zu melden. Also rief ich dort an, obwohl ich gar nicht wusste, wann und wie ich das Geld ausgezahlt bekomme. Na und jetzt, Erinnerungen an das Sozialamt werden wach, ein neuer Mitarbeiter war für mich zuständig. Einige Tage später sprach ich vor, es hatte sich einiges geändert. Vier Sachbearbeiter in einem Zimmer, also vier Anliegen mussten auf engsten Raum geklärt werden. Ich hatte den Eindruck es wurde vollkommen lustlos, ja fast ›lahmarschig‹ gearbeitet, Kompetenz konnte ich keine erkennen.
Die Auszahlung des neuen Betrages wurde sofort eingeleitet, meine Entgegnung, dass ich ja das Geld von der Wohnungsbaugesellschaft noch gar nicht erhalten habe spielte hierbei keine Rolle, gegebenenfalls müsse ich mich noch einmal melden. Einen Antrag auf die Weiterbewilligung ab April 2006 ließ ich mir gleich mitgeben, hoffentlich lässt sich die neue Regierung nicht wieder etwas einfallen, was mein Leben durcheinander bringt.
Ich hatte noch ein Problem, ein Schreiben meiner Krankenversicherung, indem es um die Nachzahlung von Beiträgen seit Anfang des Jahres ging und um einen neuen Beitragssatz zur Versicherung. Der Mitarbeiter nahm es zur Kenntnis und meinte ich solle einen Widerspruch machen, was ich auch tat, interessiert hat es ihn nicht wirklich.
Das Versorgungsamt meldete sich fast genau 5 Jahre nach meiner Operation bei mir, sie schickten mir ein Schreiben zur Neufeststellung oder Neubewertung des Grades meiner Behinderung. Ich sollte meine Ärzte angeben, also Hausarzt und Onkologin und eventuelle Gutachten einreichen, ich hatte aber nur ein Schreiben von der Rheumaklinik in dem mein Zustand beurteilt wurde, das schickte an das Versorgungsamt. Sie behalten es sich vor eine Untersuchung durch einen Vertragsarzt durchführen zu lassen. Meine maßgeblichen Ärzte habe ich schon darüber informiert.
Dazu kam es aber nicht, Erkundigungen wurden bei der Onkologin eingeholt und einige Zeit später hatte ich wieder Post vom Versorgungsamt, es wird der Grad der Behinderung auf 70 Prozent herabgestuft, aber das Merkzeichen ›G‹ wird beibehalten, das ist ja für mich eigentlich das Wichtigste. An das Merkzeichen ist ja die Beweglichkeit in Berlin geknüpft und auch ein Mehrbedarf vom Grundsicherungsamt. Vorsorglich habe ich mich aber noch bei meiner Betreuerin der Krebshilfe sachkundig gemacht, wir einigten uns keinen Widerspruch zu machen. Mit dem Merkzeichen ›G‹ ist auch die Entscheidung verbunden, mein altes Taxi vor dem TÜV im Dezember 2006 zu verkaufen, es rechnet sich nicht, die Betriebskosten sind einfach zu hoch und stehen in keinem Verhältnis zu jährlichen Fahrleistung. Es ist aber erst eine Überlegung, so einfach ist die Trennung auch nicht.
Am 06.12.jährt sich zum fünften Mal der Tag an dem ich meine letzte Bestrahlung in der Strahlenklinik der Charité bekam, danach lagen nur noch zwei Monate Chemotherapie vor mir. Ich glaube den Tag kann ich nicht vergessen, ich erinnere mich noch genau, mit welchem erhebenden Gefühl ich hinkommen bin. In der Tagesstation stand schon der Weihnachtsbaum und die Kerzen brannten. Es war ja Nicolaus, ich wurde nach der Bestrahlung endlich meine Umhängetasche mit der Infusionslösung los. Der mühevoll eingefädelte Katheter wurde ebenfalls entfernt, es war der glücklichste Moment in meinem Leben, obwohl ich damals noch keine Prognose wagte, ob ich es überstanden habe.
Deshalb habe ich mir an diesem Tag etwas Besonderes vorgenommen, ich wollte den Nicolaustag in London verbringen, will drei Tage bleiben und das verbinden mit einem Praxistest hinsichtlich der Beherrschung der englischen Sprache.
Im Gedanken war mir das schon klar, dann kamen mir wieder Zweifel auf, ob ich es packe, vor allem auch gesundheitlich. Bevor mir diese Selbstzweifel zu sehr in das Gedächtnis rückten, habe ich zumindest den Flug bei easyJet gebucht. Die billigsten Flüge waren schon weg, wieder mal zu lange gewartet, aber für 50 Euro Hin und Zurück inklusive Gebühren und Steuern geht es noch. Den Flug buchte ich schon vor meiner Reise nach Hannover, vorher habe ich mir die Modalitäten am Flughafen Schönefeld angesehen.
Nun brauchte ich noch eine Unterkunft, da hatte ich ein Problem, ich wollte im Internet in London buchen, aber da waren die Buchungen nur mit Kreditkarte möglich, die ich nicht hatte. Eine Nachfrage bei meiner Bank ergab, dass sie mir auch keine geben, weil ich nur Grundsicherung bekomme und deshalb nicht ›Kreditwürdig‹ bin. Da spielen die 15 Jahre Zugehörigkeit keine Rolle, nie das Konto überzogen, das musste ich erst einmal zur Kenntnis nehmen. Deshalb erfolge die Hotelbuchung auch bei easyJet, dort geht es mit dem Lastschriftverfahren problemlos. Eine Kreditkarte habe ich mir nun bei einer anderen Bank besorg, so dass ich in London etwas unabhängiger bin.
Zur Vorbereitung habe ich mich im Internet belesen und festgestellt, dass man nicht unbedingt einen Reiseführer braucht, weil es sämtliche Informationen gibt, aber ich hatte mir schon einen zugelegt.
Das BRITAIN VISITOR CENTRE schloss ich ebenfalls in meine Vorbereitungen ein, dort habe ich mir die 3 Day – VISITOR Travelcard für die Zone 1 und 2 gekauft. Mit dieser Karte kann man alle öffentlichen Verkehrsmittel (U–Bahn, Busse, Bahnen) in den Zonen 1 und 2 nutzen. Damit bin ich beweglich genug, denn dadurch wird das Stadtzentrum abgedeckt und die Docklands Light Railway kann ich auch benutzen.
Des Weiteren kaufte ich mir noch die Fahrkarte für den Thameslink um vom Flughafen Luton nach dem Bahnhof Kings Cross zu kommen. Alle Karten sind dort in Euro bar zu bezahlen. Vor Reiseantritt werde ich mir noch etwas Bargeld umtauschen und dann konnte es losgehen, in der Hoffnung, ›the weather isn't very British‹ .
Aber noch war es ja nicht soweit, denn es waren wieder paar Probleme aufgetaucht, aber keine gesundheitlichen. Die Krankenkasse mahnte mich, meine ausstehenden Beiträge zu bezahlen, ansonsten würde mir die Mitgliedschaft gekündigt, da wurde mir wieder ganz komisch zu mute. Ich rief den Mitarbeiter im Grundsicherungsamt an und konfrontierte ihn mit dem Sachverhalt, er war aber der Meinung, dass das Amt die Beiträge gezahlt hat, nur nicht die Nachzahlung bzw. sei der Beitrag auch noch nicht abgeändert. Ich solle das Schreiben zuschicken, ich rief aber noch einmal bei der Krankenkasse an und mir wurde gesagt, »Sie sind bei uns versichert und deshalb auch für die Bezahlung des Beitrages verantwortlich«. Ja was soll man dazu sagen, sicherlich haben die irgendwo Recht, also rief ich den Mitarbeiter wieder an, er bat mich um die Telefonnummer und wollte es klären.
Wenn ich nun glaubte, ich bekomme eine Rückmeldung, dann täuschte ich mich, nach paar Tagen rief ich im Grundsicherungsamt wieder an, er meinte die Krankenkasse will es klären. So richtig wohl war mir bei der Antwort nicht gerade. Aber ich dachte mir, so ohne weiteres können sie mir doch die Mitgliedschaft nicht kündigen, denn das wäre für mich der Untergang.
In meinem jugendlichen Leichtsinn plante ich mir eine Lesebrille machen zu lassen, im Supermarkt kosteten diese nur 10 Euro, da ich aber noch ein gutes Brillengestell vom Vater hatte ging ich zu Apollo und wollte mir dort eine anfertigen lassen. Meine letzte Brille beim Optiker habe ich mir vor 10 Jahren machen lassen. Ich wollte auch wegen meiner Vorbelastung (Iritis) einen Optiker konsultieren, mich haut es bald vom Sessel als ich den Preis vernahm Glasgläser 110 Euro und Plastegläser 150 Euro, ich beschloss die aus Glas zu nehmen. Ich hätte gar keine nehmen sollen, manchmal ist man aber auch blöd.
Ein Termin in der Nuklearmedizin wegen der Knoten in der Schilddrüse stand noch aus, es war ein neuer Arzt dort, der alles etwas lockerer sah. Es wurde ein Szintigramm gemacht und dabei festgestellt, dass die Knoten nicht gewachsen sind, also keine Operation, weil ich auch keine Beschwerden beim Schlucken habe. Er meinte aber, wenn der Hals anschwillt solle ich lieber gleich zum Chirurgen gehen.
Nun rückte der Zeitpunkt der Reise immer näher und da ich mich nicht gegen die Grippe impfen lassen habe, es war ganz einfach nicht 100% - prozentig von den Rheumatologen der Charité zu erfragen und die anderen Ärzte wollten da auch von sich aus nichts machen. Also sprach ich meinen Freund, den Hausarzt an und teilte ihm mit, dass ich verreisen, aber nicht ohne Antibiotika losfliegen will, man weiß ja nie. Ich mit ihm einen Deal ein, ließ mir keine Medikamente gegen die Schilddrüse verschreiben sondern Antibiotika, ich hatte noch welche und am Jahresende ist es sowieso immer schlecht mit Medikamenten. Er meinte auch zu mir, eigentlich könnte er zu machen, denn sein Budget ist ausgeschöpft, er arbeitet sowieso für umsonst. Auf die Frage wie denn das geht, meinte er die Politik setzt auf unseren ärztlichen Ethos, ist das nicht schrecklich, wie mit den Ärzten umgesprungen wird.
Für meine Reise brauchte ich noch eine Reisetasche, mir fiel mit Schrecken gleich Hannover ein, als ich mit der Umhängetasche wie ein Lastentier durch die Gegend zog, das wollte ich mir in London nicht antun. Ich wollte mir einen Trolley kaufen, um mein Gepäck bequem hinter mir herzuziehen zu können. Mehrmals schon besah ich mir welche in verschiedenen Läden, aber meine Entschlusskraft tendierte immer gegen null. Die Preise lagen so zwischen 40 und 100 Euro, 4 Tage vor der Reise musste es nun werden, ich kaufte einen, der von 90 auf 40 Euro gesenkt war, er entsprach so ungefähr meinen Vorstellungen, nicht zu groß, also bequem zu händeln. An dem Tag gab es auch noch 10% Rabatt in der Galeria Kaufhof, also kostete er nur 36 Euro, Schnäppchen gemacht.
In dieser Woche war noch allerhand los, eine neu analoge Spiegelreflexkamera legte ich mir zu, mit meiner Digitalkamera war ich eigentlich nicht so sehr zufrieden und mein vorhandene Fotoausrüstung samt Kamera war zu umfangreich um das alles mitzunehmen. Da gab es noch einiges zu studieren, damit ich die Bilder auch in ordentlicher Qualität werden. Sonnabend dem 03.12. war unsere Flugsimulantenstammtisch – Weihnachtsfeier in der Gaststätte – Am Rollfeld in Tempelhof, bei Kaffee und Hausfrühstück wurde wieder über alles mögliche Rund um die Flugsimulation und den Computer gefachsimpelt. Vom Wirt bekamen wir als treue Gesellschaft jeder eine Flasche Rotwein geschenkt.
Dieses Jahr habe ich, anlässlich des 5. Jahrestages der Beendigung meiner Bestrahlung, alles was mit Weihnachten zu tun hat in der Wohnung verteilt, manches Jahr war es nicht so gewesen, es tummelten sich Schwibbogen, Glasfieberweihnachtsbaum, Räuchermänner, Laterne und Adventskranz in der Wohnung, entsprechende Tischdecken und Deckchen wurden aufgelegt. Es war so richtig gemütlich, auch alleine. Ich als ›Randerzgebirgler‹ brauche das.
Am Nikolaustag trat ich meine Flugreise nach London an.
Ich gab der Reise den Titel "Adventshopping in London", aber ich war mehr zum Eindrücke sammeln dort, hier sind meine Reiseerlebnisse . Nur soviel sei hier gesagt, eine Stadt mit soviel Flair habe ich noch nicht gesehen und ich dachte immer ich habe Hauptstadterfahrung.
Seit dieser Zeit bin ich anglophil
Nach meiner Rückkehr wurde ich vom Alltag gleich wieder eingeholt, es standen Arzttermine, Weihnachts– und Geburtstagsvorbereitung an. Einen Termin hatte ich noch bei meiner Diabetologin Frau Dr. Wagner, es ging um die Auswertung der letzten Blut– bzw. Urinuntersuchung und um die Folgeverordnung für die diabetische Fußpflege.
Die Laborwerte waren eigentlich ganz gut gewesen, aber nun hatte ich das erste Mal nach meiner damaligen Operation, erhöhte Leberwerte, aber noch kein Grund zur Beunruhigung meinte die Ärztin. Die Folgeverordnung für die medizinische Fußpflege bekam ich natürlich, es ist sehr wichtig für mich, vor allem, weil ich aufgrund des Bechterew mir die Zehennägel nicht schneiden kann, wenn ich es tue nur ›blind‹ und mit unmöglichen Verrenkungen. Jetzt muss sie die Krankenkassen nur noch genehmigen, man ist immer in Bewegung.
Als nächstes war die Infusion in der Charité fällig, es hatte sich jetzt in der Rheumaklinik schon eingespielt und ich habe wieder das Gefühl in guten Händen zu sein. Mit der Ärztin Frau Dr. Franz verstand ich mich gut und teilte ihr gleich das Problem mit den Leberwerten mit, auch hier waren bei der letzten Untersuchung diese leicht erhöht. Bisher erfolgte bei jeder Infusion eine Blutabnahme, das soll jetzt anders und vom Hausarzt gemacht werden. Mal sehen wie sich das entwickeln wird, sparen aller Orten. Ich teilte ihr auch das Ergebnis des Arztbesuches in der Hautklinik mit (Behandlung des Nagelpilzes mit Tabletten), aufgrund der Leberwerte einigten wir uns auf keine Behandlung, ich hatte ja im Anschluss noch einen Termin bei Dr. Lee, wenn ich rechtzeitig fertig werde. Dann erfolgten die üblichen Untersuchungen und erst wenn sie nix auszusetzen hat und ich bereit bin, wird der ›Cocktail‹ angemixt. Trotzdem soviel Zeit wie in der Studienabteilung ist nicht da, aber ich will mich nicht beschweren, bin froh, dass ich dort bin. Sollten sich irgendwelche Probleme mit den Blutwerten ergeben, wollte sich meine Ärztin bei mir melden.
Schwester Heidi, die beim letzten Mal noch so ihre Probleme mit dem Legen des Katheders hatte, schaffte es beim ersten Mal. Es ist ja nicht so wie beim Blutabnehmen, für die Infusion muss so ein klitzekleiner Schlauch in die Vene geschoben werden. In dem Zimmer sitzen dann immer drei bis vier Leute die die Infusion bekommen, aber Unterhaltung gibt es kaum, ich höre meine Vokabeln oder Grammatik im MP3 – Player.
Erst wird der Tropf langsam eingestellt, ist ja auch richtig, aber dann musste ich ihn etwas beschleunigen, damit ich noch den Termin beim Dr. Lee schaffe, Mutter und Sonja hatten sich zum Nachmittag auch zu Besuch angesagt, also Stress pur.
Doktor Lee aus der Hautklinik musste gesucht werden, wie immer eigentlich, aber er wird immer gefunden. Als er kam hatte er natürlich meine Akte nicht zur Hand und ich musste ihm erklären um was es geht, es ging ja um die Pilzgeschichte, ich übermittelte ihm die Entscheidung meiner Ärztin, mit der er voll einverstanden war. Danach zeigte ich ihm noch die Stelle auf dem Fußrücken, die trotz Salbe nicht abheilt, wir einigten uns dass ich jetzt nichts mehr auftrage. Im Februar vor der nächsten Infusion will er mich sehen und der Frau Professor vorstellen, er meinte es könnte eine Medikamentenallergie sein. Ich sputete mich nach Hause zu kommen.
Dann kamen schon die Vorweihnachtsbesucher aus Bautzen angereist, es war wie immer schön, mit kleiner Stadtrundfahrt und dem Besuch diverser Berliner Weihnachtsmärkte. Meine Mutter konnte ich schon beim letzten Besuch in Bautzen nicht dazu bewegen, Weihnachten bei mir zu bleiben. Der immer wieder vorgebrachte Einwand, es wäre ihr zu langweilig bei mir, also beschloss ich Weihnachten alleine zu bleiben und es mir gemütlich zu machen, inmitten meiner Weihnachtsdekoration. Denn zum Geburtstag sind sie sowieso alle wieder da.
Aber es gab in der Vorweihnachtswoche noch etwas Wichtiges zu erledigen, ich wollte gern das Problem mit meiner Krankenkasse geklärt haben, also rief ich dort an. Die Nachfrage, ob sich schon etwas mit der Nachzahlung bzw. dem neuen Beitragssatz geklärt hat, ergab ein negatives Ergebnis, also begab ich mich noch einmal zum zuständigen Sachbearbeiter im Grundsicherungsamt. Man muss ja trotz aller Probleme immer versuchen ruhig zu bleiben. Ich nahm mir vor, wenn er wieder nichts unternimmt, seiner Leiterin per E – Mail den Sachverhalt zu schildern, weil es für mich nicht nachvollziehbar ist warum man sich so verhält und am Ende eine Kündigung der Krankenkasse heraufbeschwört, denn die Arztrechnungen muss das Amt sowieso bezahlen, dann wird es noch teurer. Der Mitarbeiter meinte, er hätte mit der Krankenkasse gesprochen, so hörte es sich aber in meinem Gespräch mit der Kasse nicht an, erlaubte ich mir anzumerken. Er wollte abwarten, bis mein Widerspruch von der Kasse bearbeitet ist, es würde dem Amt viel Arbeit machen, erst zu bezahlen und dann eventuell das Geld zurückzufordern. Ich konnte es nicht nachvollziehen, was glaubt er denn warum er Arbeit hat um zu arbeiten dachte ich immer. Ich würde den Jahreswechsel ruhiger verbringen wenn ich wüsste es gibt eine Klärung, oder er möge mir eine Bestätigung für die Krankenkasse ausstellen, aus der hervorgeht, dass ich wiederholt beim Amt zum Sachverhalt vorgesprochen habe. Daraufhin meinte er, er könne das Geld unter Vorbehalt bezahlen, ehrlich gesagt mir war es egal, Hauptsache es wird bezahlt. Ich glaube er war nur faul, faul, faul.
Ich sollte einen neuen Bescheid zugeschickt bekommen, war mir aber nicht sicher ob er kommt, denn er versprach es schon zweimal. Ich erinnerte mich immer wieder an den letzten Jahreswechsel, als ich ohne Geld und Aussicht auf Klärung in meiner Wohnung saß.
Den Heiligen Abend, oder besser Nachmittag war ich mit der Berliner –
Tante bei meiner Cousine und deren Sohn zum gemeinsamen Kaffeetrinken
eingeladen. Den Dreien habe ich in den vergangenen Jahren auch einiges zu verdanken,
es waren immer meine ersten Ansprechpartner, Helfer bei Problemen. Jetzt bin
ich auf Hilfe nicht mehr so angewiesen, jeder muss sein Leben sowieso für
sich leben und ich packe es momentan zumindest ganz gut. Einige neue
Ansprechpartner sind auch dazugekommen. Auf den anschließenden Kirchgang
habe ich aber verzichtet, das ist mir dann noch zu gewöhnungsbedürftig,
außerdem
beschloss ich Weihnachten keine Besuche mehr zu machen.
Depressionen kenne ich schon seit paar Jahren nicht mehr, deshalb habe ich Weihnachten auch kein Problem mit dem Alleinsein. Das Essen fiel nicht so üppig aus, wie es vielleicht an Weihnachten üblich ist, vor lag viel Arbeit. Ich wollte meine 1. London – DVD erstellen und musste mein Geburtstag am 27. vorbereiten.
• Das Erstere gelang mir nicht, nach dem zigsten Programmabsturz gab ich entnervt auf und fluchte auf ›Pinnacle‹, werde mir wohl ein neues Programm zulegen, erst einmal sind ja alle Bilder eingescannt.
•Das Zweite, die Geburtstagsvorbereitung gelang mir besser, ich hatte vor Weihnachten schon alles eingekauft, außer Baguettebrote. Aber am zweiten Feiertag nachmittags begann ich schon kleine Hackfleischbällchen, etwas über 100 Stück, zu braten, diese werden von meinen Gästen immer gern genommen. Kuchen brauchte ich nicht backen, der wurde aus Bautzen mitgebracht, obwohl Probleme hätte ich damit nicht.
Am Morgen meines Geburtstages kaufte ich 4 Baguettebrote, schnitt sie in Scheiben und belegte sie vielfältig, Getränke waren ebenfalls genug da und zumindest vom Essen ist nix übrig geblieben, also denke ich dass es allen gemundet hat. Man hat ja immer so seine Sorgen ob alles reicht, aber es war alles in Ordnung. Gekommen sind die, die sonst auch immer da waren, 11 Leute sind zusammengekommen, es war sehr gemütlich. Besonders gefreut habe ich mich, dass zum ersten Mal weiterer Besuch aus der Familie meiner Ex – Frau da war, meine Ex –Schwägerin, ihr Mann musste leider arbeiten.
Nach dem Geburtstag bekam ich noch den erwarteten Brief vom Versorgungsamt, mit der Bestätigung der Schwerbehinderung 70 Grad einschließlich Merkzeichen ›G‹. Der Schwerbehindertenausweis war jetzt gültig bis 01/2021, die Zahl wollte mir gar nicht so richtig in den Kopf, was wird da wohl sein, da liege ich bestimmt schon in Bautzen neben meinem Vater. Begründet wurde das mit folgenden Funktionseinschränkungen
a) Bechterew'sche Erkrankung mit Gelenkbeteiligung
b) Tablettenpflichtige Zuckererkrankung mit Folgeerkrankungen
c) Teilverlust des Dickdarmes, Afterschließmuskelschwäche
Ja so steht es geschrieben und damit hat das Versorgungsamt Recht. Besonders wichtig war für mich das Merkzeichen ›G‹.
Ich bekam noch einen noch eine Brief von meiner Ärztin aus der Charité mit den Laborwerten und es bestätigte sich, dass die Leberwerte nicht ganz so gut waren, sie meinte dass diese sicherlich auf Medikamente zurückzuführen sind und ich solle beim nächsten Besuch den Hausarzt informieren. Bin ja gespannt was sich daraus entwickelt.